Erkelenz Corsagen für Seniorinnen selbst anprobiert

Erkelenz · Im Betrugsprozess vor der Ersten Strafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts verhielten sich die beiden Angeklagten sozusagen wie immer. Unbeeindruckt und offenbar ohne jedes Schuldbewusstsein verfolgten die Berufsbetreuerin (55) und der als Gehilfe mitangeklagte Amtsrat und Bezirksrevisor (60) die Zeugenaussagen.

Die Staatsanwaltschaft wirft der 55-Jährigen gewerbsmäßige Untreue und Betrug vor. Der 60-Jährige soll billigend in Kauf genommen haben, dass sich die Freundin an den Betreuungsfällen bereicherte.

Luxusgegenstände und Waren für den täglichen Gebrauch soll die Angeklagte — als Berufsbetreuerin in den Bezirken der Amtsgerichte Mönchengladbach, Rheydt und Erkelenz tätig — auf Kosten ihrer oft gebrechlichen und bettlägerigen Schützlinge gekauft, aber dann für sich behalten haben. Weil die Angeklagten bisher ein Geständnis hartnäckig verweigern, spielen Zeugenaussagen in der Verhandlung vor der Ersten Strafkammer möglicherweise eine entscheidende Rolle.

"Sie zahlte immer in bar"

So stand jetzt die frühere Inhaberin eines Rheydter Geschäftes für Dessous und Bademoden im Mittelpunkt. Die 50-jährige Zeugin hatte eine längere Anreise hinter sich, sie war aus Luxemburg gekommen. Das Geschäft existiere nicht mehr. Aber sie könne sich noch genau an die Frau auf der Anklagebank erinnern, so die 50-Jährige. Die Kundin habe sich als Betreuerin vorgestellt, aber niemals für andere Personen, sondern immer nur für sich eingekauft, darunter mehrere Bodys, erinnerte sich die Luxemburgerin. Außerdem habe die Betreuerin immer in ihrer, einer kleineren Kleidergröße eingekauft. "Sie zahlte in bar", sagte die 50-Jährige. In das Geschäft sei die Kundin damals immer mit einer dunklen Mappe voller Klarsichthüllen, in denen sich Geldscheine befanden, gekommen. "Aber ich habe nicht gefragt", sagte die 50-Jährige. Laut Staatsanwalt enthielt die geheimnisvolle Mappe eine "alphabetische Sortierung von Betreuungsunterlagen".

Dem Gericht lag eine Quittung über 348 Euro vor, die aus dem Rheydter Geschäft der Zeugin stammt. Der Beleg war beschädigt. Nur der Name eines Heimbewohners war noch zu erkennen. Die Betreuerin konnte sich nicht mehr erinnern, was sie damals für den älteren Herrn gekauft hatte. Die Luxemburgerin war sich aber sicher: "Das waren mehrere Bodys." Die Angeklagte habe sie bei ihr gekauft. Trotz dieser eindeutigen Aussage reagierten die beiden Angeklagten, als ginge sie das Ganze nichts an.

Jetzt verlas das Gericht Kaufbelege, die die 55-Jährige bei den zuständigen Gerichten zur Rechnungslegung vorweisen musste. In den meisten Fällen tauchte die gekaufte Ware in den Zimmern der Heimbewohner nicht auf. Gefunden wurden die Gegenstände später im Haus der Betreuerin.

(RP/rl)
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