Duisburg Skurriles Spiel um Schein und Sein

Duisburg · William Shakespeares beliebteste Komödie "Was ihr wollt" von Mülheimer Theater an der Ruhr war das erste Schauspiel-Gastspiel dieses Jahres im Großen Saal im Theater Duisburg. Es kommen noch weitere Höhepunkte.

Auf der Mauer auf der Lauer sitzt der Narr (Volker Roos) und klopft Sprüche der Güteklasse "Wenn ich nachdenke, schaue ich immer in den Spiegel, so hab ich 'ne zweite Meinung". Drei besonders schräge Vögel saufen sich durch den Abend: Sir Toby Rülps, Olivias Onkel (Fabio Menéndez), Sir Andrew Bleichenwang (Klaus Herzog) und Maria, Olivias Kammermädchen (Gasbriella Weber), ihrerseits mit zeitgeistigen Schnipseln wie "Das wird ganz großes Tennis!"

Nicht alles ist so von William Shakespeare und dem Übersetzer Thomas Brasch, wenn das Mülheimer Theater an der Ruhr dessen beliebteste Komödie "Was ihr wollt" ("Twelfth Night, or What You Will") auf die Bretter bringt. Die Regisseurin und Dramaturgin Karin Neuhäuser hat daraus ein skurriles Spiel um Schein und Sein gemacht, den von Shakespeare thematisierten Gegensatz von Hedonismus und Puritanismus zeitgemäß akzentuiert und überhaupt einen Theaterabend geschaffen, der ständig herrlich zwischen herzzerreißender Melancholie und befreiender Albernheit hin und her kippt. Das beginnt schon mit roten Eimern auf den Köpfen, und auch eine gefüllte Badewanne spielt immer wieder eine Rolle (zu Beispiel für den Schiffbruch). Ich ist ein anderer, den Kostümen (Tina Kloempken) zufolge auch mal Marilyn Monroe oder Andy Warhol. Die Ciulli-Truppe hat selten so viel Gelegenheit, auch ihr großes komisches Können zu zeigen, allen voran Simone Thoma als Olivia, eine reiche Gräfin, und Steffen Reuber in der Paraderolle Malvolio, Haushofmeister bei Mlivia.

Dies war das erste Schauspiel-Gastspiel dieses Jahres im Großen Saal im Theater Duisburg. Es kommen bis zum Ende der Spielzeit noch weitere Höhepunkte - und das nicht nur beim Theatertreffen im März, zu dem sogar die Münchner Kammerspiele und das Hamburger Thalia-Theater erwartet werden. Auch die "normalen" Besuche der nordrhein-westfälischen Bühnen haben erstklassiges Niveau. Es geht weiter am 9. und 12. Februar mit der "Dreigroschenoper" von Bertolt Brecht mit Musik von Kurt Weill, als Gastspiel vom Schauspielhaus Bochum. Regisseur Christoph Frick bringt mit dem Bochumer Elite-Ensemble und sieben Musikern dieses "Stück mit Musik" auf die Bühne. Darin träumen die Bettler, die Huren und Mörder den Traum einer bürgerlichen Existenz. Um den zu erfüllen, betrügen sie sich und liefern einander ans Messer. Für Moral ist da kein Platz. Und das Komische dabei ist: Es macht auch noch Spaß.

Eine rabenschwarze Komödie ist "Herr Kolpert" von David Gieselmann. Wie Nurkan Erpulat diesen zehn Jahre jungen Klassiker am Düsseldorfer Schauspielhaus inszeniert hat, nämlich als humorvoll geführte Verunsicherung des vom Überdruss geplagten "mitteleuropäischen Individuums", können wir in Duisburg am 10. und 11. April erleben.

Eher hartes Brot ist dagegen das Kriegsheimkehrer-Drama "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert, am Bochumer Schauspielhaus neu belebt von Kult-Regisseur David Bösch und hier zu besichtigen am 10. und 11. Juli.

(hod)
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