Duisburg Inzwischen gerne mal wieder hier

Duisburg · Der in Duisburg aufgewachsene Schriftsteller Walter Kaufmann vollendet am Sonntag sein 90. Lebensjahr. Er lebte lange im Exil in Australien und Ost-Berlin. Gerade erschien sein neuestes Buch "Schade, dass Du Jude bist".

 Aus "rassischen Gründen" musste Walter Kaufmann einst das Steinbart-Gymnasium verlassen. Als Jugendlicher flüchtete er nach England. Inzwischen kommt er gelegentlich immer wieder in die Stadt seiner Kindheit zurück.

Aus "rassischen Gründen" musste Walter Kaufmann einst das Steinbart-Gymnasium verlassen. Als Jugendlicher flüchtete er nach England. Inzwischen kommt er gelegentlich immer wieder in die Stadt seiner Kindheit zurück.

Foto: archiv (hohl)

Duisburg ist für den Schriftsteller Walter Kaufmann, der am 19. Januar 90 Jahre alt wird, die Stadt seiner Kindheit und Schülerzeit. In Romanen und Kurzgeschichten hat er unserer Stadt und den Menschen an Rhein und Ruhr literarische Denkmäler gesetzt. Hier wieder wohnen möchte er allerdings nicht, denn die "Erinnerungen würden mich dort nicht leben lassen", wie er einmal sagte, auf Schritt und Tritt "werde ich mit der Vergangenheit konfrontiert." Seine (Adoptiv-)Eltern Johanna und Sally Kaufmann, bei denen er in der Duisserner Prinz-Albrecht-Straße 8 lebte, wurden beide in Auschwitz ermordet.

Walter Kaufmann selbst musste das Steinbart-Gymnasium "aus rassischen Gründen" verlassen, flüchtete im Januar 1939, also vor jetzt 75 Jahren, mit einem jüdischen Kindertransport nach England. Doch wenige Monate nach Kriegsbeginn wurde der inzwischen 16-Jährige als "enemy alien" ("feindlicher Ausländer") interniert und mit dem Gefangenenschiff "Dunera" unter lebensbedrohlichen Umständen nach Australien deportiert. Das Exil war bitter, zunächst arbeitete er als Obstpflücker, Hafenarbeiter und Seemann. Später wurde er dennoch "education officer" und fing mit dem Schreiben an.

Noch während seiner Armeezeit (bis 1945) erhielt er den ersten seiner zahlreichen Literaturpreise. In "Voices in the storm" (1953) setzte er die Duisburg-Erfahrungen um. 1955 kehrte er zum ersten Mal nach Duisburg zurück, stieß aber überall auf verschlossene Türen: "Es war grauenhaft." Ein Jahr später siedelte er mit seiner Frau, einer Australierin, nach Ost-Berlin um. Hier war er als Sohn einer 17-jährigen ledigen Jüdin geboren worden. Als australischer Staatsbürger und Korrespondent einer britischen Zeitung war er in der DDR privilegiert. Vor allem: Er konnte reisen.

Vornehmlich seine Reisereportagen hatten in der DDR hohe Auflagen, wurden zum Teil in viele Sprachen übersetzt. "Seine Bücher haben den Atem der weiten Welt, einen Hauch von Exotik, doch nicht die mindeste Traumschiffromantik", so der Schriftstellerkollege Walter Panitz: "Er ist immer auf der Suche und in der Nähe von Menschen gewesen, über die sich packende Geschichten schreiben ließen, und die fand er überall auf der Erde."

Den Fall der Mauer begrüßte Walter Kaufmann, denn dieser eröffnete ihm und den Menschen, mit denen er lebt, neue Horizonte und Perspektiven. Nach Duisburg kommt der Autor inzwischen gern: Er hat hier neue Freunde gewonnen - und ein interessiertes Lesepublikum.

Gerade erschien sein neuestes Buch mit autobiografischen Erzählungen. Titel: "Schade, dass Du Jude bist. Kaleidoskop eines Lebens". Darin enthalten sind natürlich auch Kurzgeschichten über seine Duisburger Jahre.

(hod)
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