Düsseldorf Szentei-Heise: "Angeklagter erzählt Räuberpistolen"

Düsseldorf · Die Bundeswehr-Kompanie des mutmaßliche Wehrhahn-Attentäters trainierte mit Sprengfallen.

 Michael Szentei-Heise gestern im Landgericht

Michael Szentei-Heise gestern im Landgericht

Foto: wuk

Als "durchgeknallt" beschrieb ein Ex-Kamerad der Bundeswehr gestern den Angeklagten im Wehrhahn-Prozess beim Landgericht. Der heute 51-Jährige sei in den 1990er Jahren als "top-motivierter Zeitsoldat" mit "Südstaaten-Spleen", einer Sammlung von Waffenattrappen und Hang zum rechtsradikalen Militarismus aufgefallen.

Eine gezielte Ausbildung an Handgranaten oder mit Sprengstoffen habe der Angeklagte nicht erhalten. Im Juli 2000 hatte die Detonation einer Rohrbombe, versteckt in einer Plastiktüte am S-Bahnhof Wehrhahn, zehn von zwölf überwiegend jüdische Sprachschülern teils schwer verletzt, eine Schwangere verlor ihr ungeborenes Baby. Der Angeklagte beteuert seit Prozessbeginn, er habe damit "nichts zu tun", sei nicht kundig mit Sprengstoffen.

Das Landgericht zog zur Klärung seiner damaligen Bundeswehr-Ausbildung nun einen Oberstleutnant als Experten hinzu. Der Fachmann und Ex-Kamerad des Angeklagten versicherte: In der Soldatenzeit sei der jetzt 51-Jährige nicht gezielt im Umgang mit Sprengstoffen geschult worden. Doch hieß es, dass in seiner Kompanie von anderen Soldaten die Herstellung von Sprengfallen in Cola-Dosen oder das Verstecken in Astgabeln trainiert worden war: "So etwas wurde geübt, da war er dabei", hieß es.

Einen ersten Eindruck vom Angeklagten gewann gestern auch Michael Szentei-Heise, der Verwaltungsdirektor der jüdischen Gemeinde. Als Prozessbeobachter fand Szentei-Heise, der Angeklagte sei "ein pfiffiger Mensch mit gutem Gedächtnis und einer unglaublichen Fülle von Details, die er geschickt anbringt, mit denen er jongliert und daraus Nebelkerzen baut".

Was der Angeklagte über seine Tätigkeit als Soldat schilderte, stufte Szentei-Heise als "Räuberpistolen" ein. Am Montag wird der Indizienprozess gegen den Ex-Soldaten wegen zwölffachen Mordversuchs vor dem Düsseldorfer Landgericht fortgesetzt.

(RP)
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