EVK-Chefärztin aus Düsseldorf „Wir sind keine Mörder“

Vor einem Jahr starb in der Düsseldorfer Uni-Klinik der siebenjährige Muhammad Elias. Seine Mutter hatte das Kind zuvor mehrfach in die Notfallpraxis und dann in das Evangelische Krankenhaus gebracht. Die Chefärztin der Kinder- und Jugendklinik im EVK über den Tod des Kindes und die Folgen.

 Susanne Schweitzer-Krantz, Chefärztin der Kinder- und Jugendklinik im EVK in Düsseldorf und Ärztliche Direktorin des Evangelischen Krankenhaus.

Susanne Schweitzer-Krantz, Chefärztin der Kinder- und Jugendklinik im EVK in Düsseldorf und Ärztliche Direktorin des Evangelischen Krankenhaus.

Foto: EVK/Robert Poorten

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob Ärzte in einer der Einrichtungen  Fehler gemacht haben. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Wir haben mit der Chefärztin der Kinderklinik im EVK über den Tod des Kindes und die Folgen gesprochen.

Welche Erinnerungen haben Sie an den Tag, an dem Muhammad starb?

Susanne Schweitzer-Krantz Es war ein bedrückender Tag. Wir haben Muhammad Elias in der Kinderklinik des EVK am 26. Dezember 2017 tagsüber behandelt und dann in die Uni-Klinik verlegt. Die Mitarbeiter des EVK haben um das Leben des Jungen gekämpft – und leider verstarb er trotz aller medizinischer Maßnahmen. Sämtliche Kinderärzte haben mit Anästhesisten und Kinderchirurgen den Jungen ständig medizinisch versorgt.  Wir haben sogar einen Oberarzt, der aus dem Urlaub kam, direkt vom Flughafen geholt, um auch die anderen Kinder in der Kinderklinik angemessen versorgen zu können. Ich selbst war zu dem Zeitpunkt im Ausland, wurde aber von dem Team über den tragischen Verlauf auf dem Laufenden gehalten.

Die Familie hat danach schwere Vorwürfe gegen die Notfallpraxis, aber auch gegen das EVK erhoben. Wie gehen Sie damit um?

Schweitzer-Krantz Wir können den großen Schmerz der Famiie verstehen. Auch wir trauern um Muhammad. Ein Kind morgens noch gehend in eine Klinik zu bringen und es am frühen Abend zu verlieren, ist unvorstellbar. Aber unsere Mitarbeiter haben alles medizinisch Mögliche gemacht, um das Leben des Kindes zu retten.

Der Tod eines Patienten, insbesondere eines Kindes, geht  sicher auch an  Ihnen und Ihren Mitarbeitern nicht spurlos vorbei. Wie wird so etwas aufgearbeitet?

Schweitzer-Krantz Viele von uns sind auch Mütter oder Väter. Unsere Seelsorge hat uns in den Tagen und Wochen nach dem Tod Muhammads begleitet.  Wir haben aber auch eine Fallkonferenz mit allen Beteiligten durchgeführt, um den Verlauf aufzuarbeiten und mögliche Fehler zu erkennen. Es gab bei uns in der Versorgung des Kindes keine Fehler.

Die Veröffentlichungen der Familie in den sozialen Netzwerken haben zu einer Flut sehr emotionaler, aber auch bösartiger und hasserfüllter Reaktionen, oft auch von völlig Unbeteiligten, geführt. Welche Auswirkungen hatte das auf Sie, Ihre Mitarbeiter und den Krankenhausbetrieb?

Schweitzer-Krantz Wir waren und sind tief betroffen von den Anschuldigungen im Netz, dass wir im EVK Muhammad umgebracht hätten. Mord- und Bombendrohungen gegen unsere Ärzte und Pflegenden im EVK haben die Mitarbeiter stark verunsichert und ängstigen sie bis heute. Einige konnten zeitweise aus Angst ihren Dienst im Krankenhaus nicht antreten, Kollegen mussten einspringen. Wir haben einen Sicherheitsdienst engagiert, um die Mitarbeiter vor eventuellen Übergriffen zu schützen.

Am Wochenende will die Familie mit einer Mahnwache am EVK an das Kind erinnern, das am 22. Dezember erstmals in der Notfallpraxis behandelt wurde. Wie stellen Sie sich darauf ein?

Schweitzer-Krantz Noch einmal:  Wir haben das Kind lediglich am 26. Dezember behandelt. Die Mahnwache ist demokratisches Recht der Familie. Wir verstehen die Trauer von Muhammads Familie, und auch wir gedenken des Jungen. Aber wir möchten nicht als Mörder beschimpft werden.

An der NFP ist im Nachgang zu diesem Fall sehr viel Kritik laut geworden. Gereicht die räumliche Nähe, die vor Jahren als positives Kriterium für den Umzug der NFP von der Erkrather Straße nach Friedrichstadt galt, dem EVK heute eher zum Nachteil?

Schweitzer-Krantz Die Grundidee ist nach wie vor richtig: Die Patienten profitieren von den kurzen Wegen, wenn sie einer stationären Versorgung oder einer Reanimation bedürfen.

Gab es in der Folge Gespräche zwischen EVK und Notfallpraxis?

Schweitzer-Krantz Wir führen regelmäßig Gespräche mit der Leitung der Notfallpraxis zur Optimierung der Patientenversorgung.

(sg)
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