Düsseldorf Rheinpegel sinkt auf Jahrhundert-Tief

Düsseldorf · Auch für die nächsten Tagen erwarten die Meteorologen keine Niederschläge. Was Ausflügler mit Blick auf ein weiteres Sonnen-Wochenende freut, droht für Landwirte und Binnenschiffer zu einem Desaster zu werden.

Mit sorgenvoller Miene blickt der Korschenbroicher Landwirt Wolfgang Wappenschmidt in den Himmel. Da scheint die Sonne – so wie nahezu an jedemTag der vergangenen fünf Wochen. "Wir brauchen dringend Regen", sagt Wappenschmidt, "sonst müssen wir bald sogar unser Getreide bewässern – das würde teuer werden."

Aber Jürgen Weiss vom Wetterdienst Meteomedia hat Niederschläge momentan nicht im Angebot. "Ein Hoch über der Nordsee schiebt sich über Mitteleuropa. Ab Donnerstag werden die Temperaturen in NRW wieder deutlich über 20 Grad steigen, und es bleibt trocken." Die zu erwartenden täglichen zwölf Sonnenstunden werden Ausflügler nach dem Kälteeinbruch der vergangenen Tage – auf dem Brocken fielen sogar fünf Zentimeter Schnee – freuen, doch die Sorgen der Landwirte wachsen.

"Mit den Temperaturen steigt dann auch wieder die Verdunstung, und die Böden werden noch trockener", berichtet Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. Auf den leichten Böden Ostwestfalens hätten Bauern vereinzelt bereits den Raps unterpflügen müssen, weil die Pflanze nur einen Trieb ausgebildet habe. "So etwas habe ich im Mai noch nie erlebt."

Allerdings sei es noch zu früh, jetzt schon Ernteausfälle vorherzusagen. Doch die Zeichen stimmen bedenklich. "Den Pflanzen werden mit der Feuchtigkeit ja auch Nährstoffe zugeführt. Das ist im Augenblick kaum möglich", sagt Landwirt Wappenschmidt. Zugleich könnten Pflanzen auch keine Herbizide aufnehmen. Deshalb könnte es später im Jahr zu einem vermehrten Schädlingsbefall kommen.

Für die Binnenschifffahrt bedeutet das anhaltend schöne Wetter ebenfalls viel Stress. Der Pegelstand des Rheins bei Düsseldorf lag gestern bei 1,01 Meter – so niedrig wie seit hundert Jahren um diese Jahreszeit nicht mehr. Für Samstag sagt die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sogar einen Stand von nur 87 Zentimeter voraus. Damit nähert sich der Pegel dem Rekordtief von 39 Zentimeter aus dem Sommer 2003. Damals kam die Schifffahrt praktisch zum Erliegen.

Auch jetzt sind die Einschränkungen bereits erheblich. So könne ein Schubverband statt bei normalem Wasserstand 2800 Tonnen derzeit nur 1500 Tonnen Kohle oder Erz laden, erläutert Erwin Spitzer vom Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt. Entsprechend häufiger seien die Schiffe unterwegs, um ihre Transportverpflichtungen zu erfüllen. "Wir haben derzeit alles im Einsatz, was schwimmen und sich fortbewegen kann", sagt Spitzer. Weil der Umsatz aber nicht im gleichen Verhältnis wie der Aufwand steigt, klagen Binnenschiffer über Gewinneinbußen.

Auch die Talsperren sind spärlicher gefüllt als sonst um diese Jahreszeit. In der Wuppertalsperre beträgt der Wasserstand etwa nur 52 Prozent. Normalerweise sind die künstlichen Seen im Frühjahr bis dicht unter den Kronenrand der Staumauer gefüllt. "Wir müssen jetzt haushalten. Wir wissen ja nicht, was der Sommer noch bringt", sagt Susanne Fischer vom Wupperverband.

Biergartenbesitzer hingegen freuen sich über den vorgezogenen Sommer. Björn Johann (31) etwa erwartet im Neukirchen-Vluyner Ausflugslokal Samanshof wieder einen Besucheransturm auf die 220 Außenplätze. Sein Tipp: "Am Sonntagabend ist es am ruhigsten."

Zu den Profiteuren der Sonnentage zählen auch Spargelliebhaber. "Die Großhandelspreise liegen pro Kilo momentan zwei Euro unter dem Vorjahr", sagt Landwirtschaftsexperte Rüb. Auch den Erdbeeren bekomme die viele Sonne gut. "Trotzdem bleibt die Bauernweisheit richtig: ,Mairegen bringt Segen.'" Doch der ist nicht in Sicht.

(RP)
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