Neuss TV-Familie aus dem Dreikönigenviertel

Neuss · Kamera ab – Ton läuft! Im Drei-Familien-Haus an der Körnerstraße haben die Dreharbeiten für die zweite Staffel der Doku "Die Wollnys – eine schrecklich große Familie" begonnen, die der Sender RTL II ab August ausstrahlt.

 Vielen in Deutschland bekannt: die Wollnys.

Vielen in Deutschland bekannt: die Wollnys.

Foto: A. Woitschützke

Kamera ab — Ton läuft! Im Drei-Familien-Haus an der Körnerstraße haben die Dreharbeiten für die zweite Staffel der Doku "Die Wollnys — eine schrecklich große Familie" begonnen, die der Sender RTL II ab August ausstrahlt.

Nein, auf diesen Hype hatte sie niemand vorbereitet: Sprechchöre unter den Fenstern, Liebesbriefe für Sohnemann Jeremy Pascal, Tausende Fans auf ihren Internetseiten. Fast zwei Millionen Zuschauer hatte jeder der sechs Folgen der Doku "Die Wollnys — eine schrecklich große Familie" Anfang des Jahres.

Derzeit drängen sich in den kleinen Zimmern der Wohnung an der Neusser Körnerstraße fünf weitere Menschen: Kameramann und Tontechniker, Kindermädchen, natürlich der Aufnahmeleiter und — die Fachbegriffe gehen allen Wollnys inzwischen lässig über die Lippen — der "Realisator", der Regisseur.

Die Fenster müssen geschlossen bleiben, damit kein Außengeräusch hereindringt, die Beleuchtung sorgt für zusätzliche Schweißtropfen. Sieben bis zehn Drehtage benötigt jede weitere Folge aus dem nie langweiligen Leben von Deutschlands wohl bekanntester Großfamilie. Bis zu 16 Stunden Arbeit bedeutet das für die Eltern Silvia und Dieter. Nicht so für die Kinder: "Die haben feste Zeiten — auch während der Dreharbeiten", betont die resolute Elffachmutter.

Doch heute haben die Wollnys frei — ein Tag Drehpause: Im Haus ist es leise, bemerkenswert leise. Immerhin leben acht der insgesamt elf Kinder noch bei den Eltern. Na gut, das Wetter ist schön, die Kleineren werden draußen spielen. Doch die Ruhe wird auch nicht nennenswert unterbrochen, als Sylvana, Sarafina, Jeremy Pascal, Sarah Jane, Lavinia, Calantha, Estefania und Loredana nacheinander in die Wohnküche kommen, um an diesem heißen Tag etwas Kühles zu trinken.

Freundlich grüßen sie den fremden Besuch, warten, bis die Erwachsenen ihr Gespräch unterbrechen, bevor sie Mama eine Frage stellen oder (Loredana) auf Papas Schoß klettern. "An einigen Neusser Schulen nehmen sie uns schon im Unterricht durch: als Vorbild für Konfliktbewältigung", erzählen bekennenden Neusser, die nie aus ihrer Heimatstadt fort wollten. Und so geht es in vielen der Zuschriften, die sie täglich erreichen, um Erziehungstipps.

Elf Kinder? Die müssen asozial sein! Gegen solcherlei Vorurteile muss die Familie immer wieder angehen: Die kämpferische Silvia, für ihre flotten Sprüche bekannt, tut das mit dem Mundwerk, der bedächtigere Dieter will durch gutes Benehmen überzeugen. Von klein auf hätten sie ihren Kindern Regeln vermittelt und auf deren Einhaltung geachtet: Respekt vor anderen und ihrem Eigentum. "Respekt kann man auch von Kindern nur erwarten, wenn man ihnen welchen entgegenbringt", findet Dieter Wollny. Auch ein Grund, warum sie nie pauschal "Kinder" rufen, sondern jedes einzeln beim Namen. Dieter Wollny, gelernter Elektriker, verlor bei einem Berufsunfall einen Daumen, wie er erzählt. Der wurde zwar wieder angenäht, doch seitdem ist der heute 52-Jährige arbeitsunfähig: Frührente.

Auch Hotelfachfrau Silvia hat gesundheitliche Schläge einstecken müssen, lernte nach einem Schlaganfall als junge Mutter mühsam wieder laufen und sprechen, erlitt vor zwei Jahren auf offener Straße einen Herzinfarkt. Seit fünf Jahren arbeiten sie nun mit der Produktionsfirma Joker Productions zusammen, drehten für Punkt 12 oder die Pro-Sieben-Sendung "Sam", hatten Auftritte in der Talkshow "Britt". Doch berühmt sind sie erst, seit RTL II sie zur besten Sendezeit ins Programm hob. "Es gab schon mal einen Siebenteiler bei Pro Sieben über uns, aber der war eher nach Drehbuch", sagt Silvia Wollny, während sie frischen Kaffee einschenkt, "hier werden wir so gezeigt, wie wir sind."

Mit Ausnahmen: Als eins der Mädchen auf den Rücken stürzt und Schmerzen hat, besteht die Mutter darauf, dass die Kamera ausgeschaltet wird. "Sensationsbilder gibt es mit uns nicht", sind sich die Eltern einig, "die Kinder dürfen nicht darunter leiden!" Die Kinder. Für sie stellt sich Silvia Wollny jedes Wochenende auf den Trödelmarkt, legen die Eltern jeden Euro zurück, damit aus ihnen "etwas Ordentliches" wird.

Wie helfen sie ihnen, mit der Beliebtheit umzugehen? "Wir machen ihnen klar: Wer Dich vor ein paar Tagen noch gehänselt hat, ist jetzt nicht Dein Freund, weil wir im Fernsehen sind", sagt Dieter Wollny und unterbricht sich, um zu horchen: "Hat da jemand gerufen?"

(NGZ/rl)
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