Wesel Stadt will große Straßen loswerden

Wesel · Im Kampf um die Finanzen will die Verwaltung 20 Ortsdurchfahrten und Straßen an den Landesbetrieb Straßen NRW zurückgeben. Bisher muss sie für den Erhalt bezahlen. Doch bevor sie sich entlastet, muss massiv investiert werden.

 Die Stadt möchte die Verantwortung für Wesels Zubringerstraße weiterreichen, um zu sparen. Es geht um die wichtigsten innerörtlichen Straßen Wesels bzw. Teile davon – Südring, Reeser Landstraße, Roon- und Schillstraße, Kaiserring (Foto li.), teils Schermbecker Landstraße, Oberndorfstraße, Bislicher Straße, Weseler Straße (re.).

Die Stadt möchte die Verantwortung für Wesels Zubringerstraße weiterreichen, um zu sparen. Es geht um die wichtigsten innerörtlichen Straßen Wesels bzw. Teile davon – Südring, Reeser Landstraße, Roon- und Schillstraße, Kaiserring (Foto li.), teils Schermbecker Landstraße, Oberndorfstraße, Bislicher Straße, Weseler Straße (re.).

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Auch Kleinvieh macht Mist für Wesels Kämmerer Paul-Georg Fritz. Die zerbröselnde Treppe am Rathaus, tat er im Hauptausschuss kund, werde saniert, man müsse aber wochenlang auf passende Steine warten. Entweder die kleine Baustelle offen lassen oder mit 800 Euro Kosten schließen — da spare er doch lieber, die Politik solle das aber wissen, sagte er. Das rettet den Etat wahrlich nicht, war aber ein Signal, denn Fritz muss mehr und mehr Kassenkredite aufnehmen. Sprich: das Girokonto der Stadt überziehen. Lange hatten sich Kämmerer und Bürgermeisterin gerühmt, dass sie das — anders als viele NRW-Städte — nicht nötig haben. Deshalb geht es in Wahrheit um Millionen (Wesels Verschuldungsstand: 134 Millionen Euro). Im Kampf um die Finanzen wurde im Hauptausschuss nebenbei bekannt, dass die Verwaltung einen Coup plant. Sie will Wesels Ortsdurchfahrten "verkaufen".

Wesel: Stadt will große Straßen loswerden
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Das Projekt Straßenübergabe an den Landesbetrieb war bisher ein Geheimkommando auf der Ebene von Verwaltungsspitze und Fraktionsvorsitzendenrunde. Intern sind aber schon 1,2 Millionen Rückstellungen allgemein für Straßen gebildet worden. Nach altem Vertrag muss die Stadt die großen Straßen in Schuss halten und dafür bezahlen, kann aber auch bei der Nutzung mitreden (siehe nebenstehenden Text). Nun will sie Zubringer an den Landesbetrieb Straßen NRW übergeben, der für Bundes- und Landesstraßen zuständig ist. "Baulast zurückgeben", heißt das fachlich. Freilich nicht zum Nulltarif, denn Straßen NRW verlangt einen ordentlichen Zustand, was für Wesel erst einmal Millionen-Investitionen heißt. Wahrscheinlich, denn erst sollen Ortsbegehungen und sogar Kernbohrungen Aufschluss über den Straßenzustand bringen.

Es geht um die wichtigsten innerörtlichen Straßen Wesels bzw. Teile davon — Südring, Reeser Landstraße, Roon- und Schillstraße, Kaiserring, teils Schermbecker Landstraße, Oberndorfstraße, Bislicher Straße, Weseler Straße. Im Herbst soll die Vereinbarung stehen. "Es gibt die einmalige Gelegenheit, die Baulast zurückzugeben. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, müssen abwägen", sagte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. Kernpunkt aber ist: In NRW greift die Schuldenbremse, und Wesel kann nichts mehr aus dem Straßenbau-Fördertopf holen.

Das hat zu unschöner politischer Debatte im Hauptausschuss geführt. Dort wurde die Sanierungs-Debatte um andere Straßen angeblich offen geführt, in Wirklichkeit steht sie an zweiter Stelle. Grund: Kommt es zur Übergabe der Ortsdurchfahrten, wird Wesel "Geld dafür einplanen müssen, das wir heute nicht haben", so SPD-Chef Ludger Hovest. Er wollte unbedingt nur 200 000 Euro für Straßensanierung ausgeben, damit's im Wahlkampf was zu brillieren gibt, und nicht zusätzlich noch 200 000 Euro allein für die Ackerstraße, was am Ende CDU, FDP und Linke durchsetzten.

Der Niederlagen nicht gewohnte Hovest blickte im Ausschuss bedröppelt drein. Erstens weil er nicht mehr der alles bestimmende Macher war, zweitens weil das als Befreiungsschlag angedachte Konzept mit Straßen NRW nun finanziell eng zu werden droht. Bündnis-Partner Thomas Koch (Grüne) sieht den Deal mit Straßen NRW teils skeptisch. Es könne sein, dass die Stadt Straßen bald los wird, dafür investiert, aber im Zuge des Projekts Südumgehung (B 58n) später wieder in die städtische Obhut zurücknehmen muss. Friedrich Eifert (FDP) betonte, dass man "an das Thema Straßen NRW ran muss". CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Linz wartet ab und wehrt sich gegen Hovests "Verzögerungstaktik".

(RP/ac)
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