Sommertour Das unterirdische Neuss

Sommertour · Während der Ferienwochen berichten unsere Reporter täglich von uralten Legenden und geheimnisvollen Orten in Nordrhein-Westfalen. Heute: ein mittelalterliches Gewölbesystem, das sich durchs Neusser Quirinusviertel zieht.

 Der Totenkopf ist aus Bronze und nur Dekoration. Er erhöht den "Gruselfaktor", wenn Erich Storch im mittelalterlichen Gewölbe Lesungen hält.

Der Totenkopf ist aus Bronze und nur Dekoration. Er erhöht den "Gruselfaktor", wenn Erich Storch im mittelalterlichen Gewölbe Lesungen hält.

Foto: WOI

Die Neusser trampeln ihren Gästen auf den Köpfen herum. Während im Keller des "Pozo Quirino" kleine Tapas-Köstlichkeiten serviert werden, eilen oberhalb ahnungslose Passanten hinweg. Das mittelalterliche Gewölbe erstreckt sich bis weit unter die Münsterstraße hinaus. Es ist Teil eines Systems, das sich durch das pittoreske Quirinusviertel zieht und gastronomisch oder privat genutzt wird. Nur dem, der einen Schlüssel besitzt, erschließt sich das komplette Netz.

Sommertour: Das unterirdische Neuss
Foto: KLXM.de

Das "unterirdische Neuss" ist der heute noch erlebbare Teil des einst stadtprägenden Klosters. Aus dem Stadtbild ist das Damenstift von St. Quirin seit Beginn des 19. Jahrhunderts gänzlich verschwunden. Wer sich auf Spurensuche begibt, der muss in die Unterwelt hinabsteigen. Mauerreste aus der Zeit zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert, die dort verborgen liegen, geben Zeugnis von der hochwertigen Ausstattung des ehemaligen Klosters.

Vor gut dreißig Jahren fiel dem Architekten Rudolf Küppers auf, dass die oberirdische Bebauung und Parzellierung im Quirinusviertel nicht mit den Kellermauern identisch ist. Er schuf Klarheit, indem er den heutigen Katasterplan über den Stiftsplan von 1802 legte. Bei den Gewölben handelt es sich um den Kreuzgang des Klosters und um Lagerkeller des damaligen Gebäudekomplexes. Die Aufbauten wurden 1804 abgerissen.

Der Totenkopf ist nur Dekoration. Er ist aus Bronze und soll lediglich den "Gruselfaktor" im nur spärlich beleuchteten unterirdischen Keller erhöhen. Erich Storch (54), der ein Antiquariat betreibt, nutzt das renovierte mittelalterliche Gewölbe für Lesungen und Weinproben: "Wer sich hier aufhält, spürt den Atem der Geschichte." Dazu trägt auch der Brunnen bei, der sich tief ins Erdreich stürzt.

Wie Storch, so machen auch die gastronomischen Betriebe "Pozo Quirino" und "Stiftskeller" das unterirdische Neuss für die Öffentlichkeit zugänglich. Stadtarchäologin Sabine Sauer formuliert das so: "Das erlaubt dem interessierten Besucher eine stilvolle Begegnung mit einem wichtigen Teil der Neusser Stadtgeschichte."

(RP)
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