Sommertour: Geheimnisvolle Orte (8) Nachts bei den Römern

Sommertour: Geheimnisvolle Orte (8) · Während der Ferienwochen berichten unsere Reporter täglich von uralten Legenden und geheimnisvollen Orten in Nordrhein-Westfalen. Heute: der Archäologische Park in Xanten bei Nacht.

 Nacht in der Küche der römischen Herberge im Archäologischen Park Xanten. Hier wurden die Speisen für die Gäste zubereitet - mit der Fischsauce Liquamen als festem Bestandteil.

Nacht in der Küche der römischen Herberge im Archäologischen Park Xanten. Hier wurden die Speisen für die Gäste zubereitet - mit der Fischsauce Liquamen als festem Bestandteil.

Foto: RP, Armin Fischer

Die Sonne ist hinter dem Hafentempel untergegangen. Fledermäuse umschwirren die alten Gemäuer. Irgendwo ruft ein Käuzchen. Eine kleine Gruppe von Menschen macht sich vom alten Hafen auf den Weg, mit Schweinsblasen verkleidete Sturmlaternen in den Händen. Es ist Nacht im Archäologischen Park Xanten. Und wer der in eine Tunika gehüllten Gästeführerin Anke Lyttwin folgt, dem darf auch schon einmal ein kleiner Schauer über den Rücken laufen. Lateinisch "Nocturnus" (bei Nacht) heißt der Rundgang durch die frühere Colonia Ulpia Traiana. Eine Stunde vollgepackt mit Informationen, die so nicht in den Schulbüchern zu finden ist.

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Foto: KLXM.de

Ausgangspunkt im Archäologischen Park Xanten (APX) ist das Hafenviertel. In der Blütezeit der 10 000 Einwohner zählenden Römerstadt im zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus war das eine dunkle Ecke. "Kleine Fenster, aus denen nur wenig Licht auf die Straße fiel, enge Gassen: Niemand wusste, was hinter der nächsten Ecke lauerte", erzählt die 45-jährige Gästeführerin auf dem Weg zur römischen Herberge, in der die Besucher auch in Räume gelangen, die tagsüber geschlossen sind.

Wer hier gemeinsam mit mehreren Weggefährten in einem Bett auf Strohsäcken schlafen wollte, der musste sich mit einem Biotop von Ungeziefer abfinden. Vielleicht deshalb wurde abends zuvor oft ausgiebigst dem Wein zugesprochen. Die Trinkrituale der Römer sind legendär. Und dann: das Amphitheater, tatsächlich ein düsterer Ort, in dem Gladiatoren ihre letzte Nacht verbrachten, Prostituierte, Wahrsager und allerhand Gesindel sich herumtrieben. "Normales Volk jedenfalls", so Anke Lyttwin, die mit nägelbeschlagenen römischen Sandalen durch die engen Gänge wandert, "ließ sich in der Dunkelheit hier nicht blicken. Dafür war auch die Angst vor den Totengeistern zu groß."

Die 60 Minuten vergehen im Fluge — zu jeder Jahreszeit übrigens. Im Herbst, wenn noch der Nebel hinzukommt, hat der Rundgang seinen besonderen Reiz. Da tun dann die flackernden Kerzen in den Laternen besondere Dienste. Die Mehrzahl der Römer musste sich mit dem Mondschein begnügen.

(RP)
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