Tierschützer besetzen Gelände Protest bei Tönnies beendet - drei Frauen in Gewahrsam

Rheda-Wiedenbrück · Tierschützer haben am Samstag vorübergehend den Hauptstandort des umstrittenen Fleischkonzerns Tönnies besetzt. Die Polizei nahm drei Frauen vorläufig in Gewahrsam.

 Die Polizei und Demonstranten.

Die Polizei und Demonstranten.

Foto: dpa/Foto: Guido Kirchner/dpa

Aktivisten des Bündnisses "Gemeinsam gegen die Tierindustrie" erklommen am frühen Morgen das Dach des Schlachthofs im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück und blockierten die Hauptzufahrtsstraße. Nach Aufforderung der Polizei verließen die Aktivisten das Dach später wieder.

Das Bündnis forderte eine dauerhafte Schließung des Schlachthofes, der wegen eines massiven Corona-Ausbruchs in die Schlagzeilen geraten war. Vier Aktivisten kletterten auf das Dach des Tönnies-Werks und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Shut down Tierindustrie". Weitere rund 25 Aktivisten demonstrierten auf dem Gelände vor der Fleischfabrik. Einige ketteten sich auf einer Zufahrtsstraße aneinander.

Kurz nach Mittag forderte die Polizei nach eigenen Angaben die Tierschützer auf dem Gelände vor dem Schlachthof auf, ihre Demonstration zu beenden. Einige Aktivisten erhielten Platzverweise. Sie schlossen sich einer weiteren zuvor angemeldeten Kundgebung unweit des Schlachthofs an.

Drei Frauen, die auf das Dach des Werksgebäudes geklettert waren, wurden vorläufig in Gewahrsam genommen, wie die Polizei mitteilte. Der an der Aktion beteiligte Mann konnte sich demnach im Verlauf der Proteste einer Kontrolle durch die Beamten entziehen.

Tönnies steht massiv unter Druck, nachdem es beim Fleischkonzern in Rheda-Wiedenbrück einen massiven Corona-Ausbruch gegeben hatte. Der Betrieb wurde vorübergehend geschlossen und ein erneuter Lockdown für die umliegenden Kreise Gütersloh und Warendorf angeordnet.

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel steht unterdessen wegen seiner Beratertätigkeit für Tönnies weiter unter Beschuss. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese forderte Gabriel auf, sein Honorar aus dem Beraterjob in Höhe von 10.000 Euro nicht zu behalten. "Sigmar Gabriel sollte sich überlegen, ob er sein Beraterhonorar nicht für einen guten Zweck spendet", sagte Wiese der "Saarbrücker Zeitung".

Gabriel war in die Kritik geraten, da er laut einem Bericht des ARD-Magazins "Panorama" von März bis mindestens Ende Mai für Tönnies tätig war. Er erhielt demnach offenbar ein Pauschalhonorar von 10.000 Euro im Monat sowie ein zusätzliches vierstelliges Honorar für jeden Reisetag.

Gabriel wies Anschuldigungen zurück, er habe in seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister den umstrittenen Fleischunternehmer Clemens Tönnies vor einer Millionenstrafe des Bundeskartellamts bewahrt. Den Verdacht bezeichnete Gabriel in der Internetsendung "Bild live" als "Quatsch". Er habe mit dem Thema nichts zu tun gehabt. "Warum soll ich mich zu solchen Vorwürfen äußern, die an den Haaren herbeigezogen sind."

In einem Brief, aus dem die "Bild"-Zeitung zitierte, hatte Robert Tönnies, Neffe von Clemens Tönnies, entsprechende Vorwürfe erhoben. In dem Schreiben fragt Robert Tönnies demnach, ob das Honorar für Gabriel als "nachträgliche Belohnung für Vorteile des Unternehmens in der Zeit der Regierungstätigkeit" verstanden werden könne.

Er befürchte "erheblichen" Schaden, wenn öffentlich diskutiert werde, ob Gabriel "bei der Niederschlagung der Kartellstrafe" geholfen habe, die das Bundeskartellamt 2013 gegen den Fleischunternehmer eingeleitet hatte. Das Bundeskartellamt untersteht dem Wirtschaftsministerium.

Gabriel sagte dazu in "Bild live", er kenne den Brief von Robert Tönnies nicht, wisse aber, dass "der Neffe von Clemens Tönnies mit Clemens verfeindet ist". Diese "Familienstreitigkeiten" wolle er aber nicht kommentieren.

Der Ex-Wirtschaftsminister verteidigte sein Handeln gegenüber der nun durch Corona-Ausbrüche in mehreren Schlachthöfen scharf in die Kritik geratene Fleischindustrie. "Ein einfaches Nachlesen der Zeitungen in der Zeit, in der ich Wirtschaftsminister war, wird ihnen zeigen, dass ich mit der Fleischbranche und auch mit Clemens Tönnies nicht besonders freundlich umgegangen bin."

(lukra/AFP)
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