Mitten in den Ferien Belegschaft will Lufthansa lahmlegen

Frankfurt/Main (RPO). Ausgerechnet zur Hauptreisezeit muss Lufthansa mit Streiks an zwei Fronten rechnen: Die vierte Tarifrunde für Beschäftigte des Boden- und Kabinenpersonals ist am Donnerstag gescheitert. Nach langen Verhandlungen will die Gewerkschaft Verdi ihre Mitglieder jetzt in einer Urabstimmung über Streiks entscheiden lassen.

 Der Tarifstreik zwischen Lufthansa und ver.di nähert sich womöglich dem Ende.

Der Tarifstreik zwischen Lufthansa und ver.di nähert sich womöglich dem Ende.

Foto: AP, AP

Käme es zu einem Arbeitskampf, wäre dies laut Lufthansa der erste Vollstreik seit 23 Jahren. Anfang der Woche waren bereits 1.000 Piloten der Lufthansa-Tochterfirmen CityLine und Eurowings in einen 24-stündigen Ausstand getreten. Die Lufthansa-Aktie verlor 0,9 Prozent.

Verdi-Sprecher Harald Reutter sagte nach dem Scheitern der vierten Tarifrunde: "Bei Lufthansa war kein Einigungswille erkennbar." Das geänderte Lufthansa-Angebot auf 6,7 Prozent mehr Geld habe zwar auf den ersten Blick gut ausgesehen. Es habe aber gerade einmal die Steigerung der Lebenshaltungskosten ausgeglichen und den Nachholbedarf der Beschäftigten nicht berücksichtigt. Einschließlich Einmalzahlung hatte die Offerte ein Volumen von 7,7 Prozent. Die Gewerkschaft fordert eine Gehaltserhöhung um 9,8 Prozent.

Lufthansa-Verhandlungsführer und Vorstandsmitglied Stefan Lauer erklärte: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass Verdi bei diesem Angebot nicht einigungsfähig ist." Die Lufthansa habe sich im Laufe der Verhandlungen deutlich bewegt. "Dass Verdi trotz Kenntnis der aktuellen Entwicklung in der Airlinebranche dennoch das Scheitern erklärt hat, ist nicht mehr nachvollziehbar." Im ersten Quartal hatte die Airline gegen der Branchentrend noch ein Rekordergebnis eingeflogen.

Urabstimmung Anfang der Woche

Laut Reutter wird Verdi Anfang kommender Woche die Urabstimmung einleiten. Sie dauere etwa zwei Wochen. "Wir rechnen mit sehr hoher Zustimmung", sagte der Verdi-Sprecher. Anschließend könnte es zu ersten Arbeitsniederlegungen kommen, theoretisch schon am letzten Juli-Wochenende.

Das am Mittwoch in der vierten Tarifrunde von Lufthansa vorgelegte neue Angebot sah eine Erhöhung der Vergütung um 4,6 Prozent ab 1. Juli 2008 und um weitere 2,1 Prozent ab 1. Juli 2009 vor. Zudem sollten die Beschäftigungen spätestens mit dem Augustgehalt eine Einmalzahlung von 1 Prozent einer Jahresvergütung bekommen. Der Tarifvertrag sollte 21 Monate bis zum 28. Februar 2010 laufen. Die Lufthansa habe allerdings versucht, in den Verhandlungen dann die Laufzeit über die 21 Monate hinaus zu verlängern, kritisierte Reutter.

Gescheitert sind laut Lufthansa die Tarifgespräche für die 34.000 Bodenmitarbeiter, verhandelt wurde ein gleiches Angebot für 14.000 Kabinenbeschäftigte. Diesem hätte neben Verdi aber auch die Flugbegleitergewerkschaft UFO zustimmen müssen. Verdi spricht von Verhandlungen für insgesamt 52.000 Beschäftigte.

Die Gespräche waren nach 16 Stunden in der Nacht zum Donnerstag vertagt worden. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen am Vormittag brachte keine Einigung.

Cockpit droht mit weiteren Streiks

Ein möglicher Streik in der Haupt-Reisesaison dürfte für die Lufthansa schmerzhaft sein. So flogen im vergangenen Jahr im Juli und August jeweils mehr als 5 Millionen Passagiere mit der Airline. Im Februar waren es dagegen nur 3,8 Millionen.

Am Montag dieser Woche hatten bereits Piloten von CityLine und Eurowings mit einem eintägigen Streik die Streichung von 641 Flügen erzwungen. Cockpit-Verhandlungsführer Thorsten Gommert sagte der AP am Donnerstag, die Lufthansa habe seit dem Streik kein verbessertes Angebot vorgelegt. "Derzeit herrscht eher Eiszeit." Falls es keine neue Offerte gebe, seien weitere Streiks abzusehen.

(ap)
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