Die wichtigsten Antworten zum Online-Dating Wie Tinder entscheidet, wen man angezeigt bekommt

Düsseldorf · In der Theorie war es noch nie so einfach, jemanden kennenzulernen: Dating-Apps bieten einen schier unendlich großen Partnermarkt. Wie das Internet unser Liebesleben verändert, nach welchen Methoden Tinder funktioniert und wie sich kostenpflichtige Dating-Seiten von Gratis-Angeboten unterscheiden.

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Womit verdienen kostenlose Dating-Apps eigentlich ihr Geld?

Dating-Apps wie Tinder bieten eine Reihe von Abo-Modellen an, die verschiedene Zahlungsbereitschaften der Nutzerinnen und Nutzer abdecken. Das erklärt Barbara Engels, Senior Economist beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Während die Basis-Version von Tinder kostenlos ist, zahlen Nutzende für erweiterte Funktionen Geld. Die Umsätze von Tinder seien nicht zuletzt deshalb enorm – und dass Tinder viele in der kostenlosen Version nutzten, sei für das Unternehmen nicht schlimm. „Im Gegenteil: Die kostenlose Version zieht die Massen an. Und eine zunehmende Anzahl von Nutzenden macht Tinder attraktiver und zieht wiederum mehr Nutzende an“, sagt Engels. Außerdem verdiene Tinder – wie üblich für Plattformunternehmen – Geld mit Werbepartnerschaften, betont die Expertin.

Wie lange halten Beziehungen aus dem Internet?

Es gibt Hinweise darauf, dass Beziehungen von Paaren aus dem Internet zumindest nicht kategorisch schneller enden als andere. „Eine erste große Befragung dazu wurde 2010 gemacht, mit etlichen Menschen, die sich seit 1993 übers Internet kennengelernt hatten. Knapp 20 Jahre später war nicht feststellbar, dass diese Beziehungen kürzer gehalten hatten“, sagt der Kommunikationswissenschaftler und Sexualtherapeut Richard Lemke. Es gebe stattdessen eher einen Unterschied bei Partnerschaften, bei denen es im Vorfeld schon mehr Familienbegegnungen gab. „Wie bei Partnerschaften aus Schulzeiten, wo sich Familien vorher kannten“, sagt er. Diese Partnerschaften seien im Durchschnitt etwas beständiger.

Wie verändert das Internet unser Liebesleben?

Während sich noch immer viele Menschen auf der Arbeit, in der Schule oder im Freundeskreis kennenlernen, entstehen viele Partnerschaften mittlerweile über Online-Dating-Angebote wie Tinder. „Und das Internet unterscheidet sich beispielsweise dadurch, dass ich viel selektiver und gezielter vorgehen kann“, sagt Richard Lemke. Dadurch weiß man schon im Vorhinein mehr über den anderen. Außerdem kann man schneller abgleichen, was man vom anderen möchte. „Gerade bei schwulen Männern ist es etabliert, dass regelrecht ein Skript von sexuellen Begegnungen entsteht. Da hat eine große Versprachlichung von Sexualität stattgefunden. Das Internet hat dazu geführt, dass dort über Sexualität kommuniziert wird, wo früher mehr geschwiegen wurde“, sagt Lemke. Und schließlich sei auch die Notwendigkeit, Kompromisse einzugehen, heutzutage nicht mehr so groß wie früher.

Was das für Paare bedeutet und welche Grundregel es für Tinder gibt, verrät Lemke im ausführlichen Interview.

Wie entscheidet Tinder, welche Profile man angezeigt bekommt?

Ökonomin Engels sagt, dass unter anderem Kommunikationsmuster „gematched“ würden. „Wer viel online ist und Nachrichten schreibt, bekommt eher Menschen angezeigt, die dies auch tun – dieses Matching verspricht weniger Enttäuschungen“, sagt sie. Und wer ohnehin viel Zeit auf der Dating-App verbringt, bekomme nicht direkt die vermeintlich attraktivsten Nutzenden angezeigt. „Er bleibt ja sowieso bei der Stange“, sagt Engels.

Für welche Altersgruppe ist Tinder?

Tinder teilt mit, dass mehr als die Hälfte der Nutzenden der „Generation Z“ angehört, also den 18- bis 25-Jährigen. Darüber hinaus gibt es keine aktuellen und öffentlich zugänglichen Daten. Laut dem „GlobalWebIndex“ aus dem Jahr 2015 sind bei Tinder 41 Prozent der Nutzer zwischen 25 und 34 Jahre alt. Ein ähnlich großer Anteil, 39 Prozent, befindet sich zwischen 16 und 24 Jahre. Im Gegensatz dazu sind lediglich 15 Prozent zwischen 35 und 44 Jahre alt. Nur jeder 20. Tinder-Nutzer ist derweil älter als 55. Und dennoch: Obwohl die meisten Tinder-Nutzer eher jünger sind, ist die Bandbreite an Nutzerinnen und Nutzern vergleichsweise heterogen. Hier hilft im Zweifel nur ausprobieren.

Welche Alternativen gibt es zu Tinder?

Sowohl im „Google Play Store“ als auch im „App-Store“ von Apple liegt Tinder unter den Dating-Apps auf Platz eins. Auf Platz zwei folgt auf beiden Plattformen Bumble. Die Dating-App funktioniert ähnlich wie Tinder. Gefällt einem der Account eines Nutzers, wischt man bei Bumble nach rechts, andernfalls nach links. Kommt es zu einem Match, kann allerdings nur die Frau den Mann anschreiben. Tut sie das nicht innerhalb von 24 Stunden, verfällt das Match. „Bei Bumble machen Frauen den ersten Schritt, das bedeutet Gleichberechtigung vom ersten Moment einer neuen Beziehung“, schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. Zudem ist Bumble nicht ausschließlich eine Dating-Plattform, sondern kann in drei unterschiedlichen Modi verwendet werden: Bumble Date (für Leute, die nach einem Date suchen), Bumble BFF (für Leute, die Freundschaften suchen) und Bumble Bizz (für Leute, die ihr Karriere-Netzwerk erweitern wollen).

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Weitere Alternativen zu Tinder sind beispielsweise:

  • Lovoo. Die App richtet sich an eine junge Zielgruppe und funktioniert auch über das Prinzip „Matchen“
  • Only One. Hier ist die Funktionsweise ähnlich wie bei Tinder. Der größte Unterschied ist, dass man immer nur mit einer Person gleichzeitig schreiben kann.
  • OKCupid. Bei dieser App werden einem nur Partner angezeigt, die zu einem passen könnten. Aus diesem Grund sind hier vorab einige persönliche Fragen zu beantworten.
  • Grindr. Die App ist unter anderem unter schwulen Männern beliebt und soll weltweit knapp 30 Millionen Nutzende haben. Grindr gilt als eine der ältesten queeren Plattformen weltweit.
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Was unterscheidet kostenpflichtige Dating-Seiten von Gratis-Angeboten?

„Plattformen mit ,kostenlosen‘ Versionen sind in der Regel mehr auf Werbeeinahmen angewiesen als Bezahl-Plattformen“, erklärt Barbara Engels. Deshalb sei es für Plattformen mit kostenlosen Versionen auch wichtiger, viele Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen. Denn so würden die Werbeeinahmen steigen. Aus Perspektive der Nutzenden kann ein kostenpflichtiges Angebot sinnvoll sein, wenn man auf der Suche nach einer festen Partnerschaft ist. „Geld ist ein stark regulatives Instrument für Ernsthaftigkeit“, erklärt hierzu Sexualtherapeut Lemke.

Ist es Teil der Strategie, Nutzer so lange erfolglos zurückzulassen, bis sie sich dazu entscheiden, für eine Premium-Variante der App Geld zu bezahlen?

 Auf Partnersuche: Dating-Apps wie Tinder sind sehr populär.

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Die Ökonomin bezweifelt das. „Ich glaube nicht, dass Tinder und Co. wirklich determinieren können, mit wem es klappt und mit wem nicht – aber sicherlich können die Algorithmen dazu beitragen, dass Nutzende zu einem bestimmten Verhalten bewegt, also ,genudgt‘, werden – und das ist für den Anbieter gerne auch mit der Wahl der Bezahlvariante der App verbunden“, sagt Engels.

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