Hochzeit ist geplant Diese Liebespaar aus Neuss beweist, dass Liebe vieles überwinden kann

Neuss · Markus Gers und Patricia Spielau leben beide mit einer Behinderung. Kennengelernt habe sie sich als Patienten des Etienne-Krankenhauses. Nun wohnen sie zusammen und wollen heiraten.

 Patricia Spielau und Markus Gers können sich ein Leben ohne einander nicht mehr vorstellen. Anja Bongartz, Sexualpädagogin bei der Behindertenhilfe der St.-Augustinus-Gruppe, freut sich über das Liebesglück.

Patricia Spielau und Markus Gers können sich ein Leben ohne einander nicht mehr vorstellen. Anja Bongartz, Sexualpädagogin bei der Behindertenhilfe der St.-Augustinus-Gruppe, freut sich über das Liebesglück.

Foto: St.-Aufgustinus-Gruppe/St.-Augustinus-Gruppe

Sie haben sich gefunden und wollen sich nun nicht mehr loslassen. „Es entwickelte sich schnell und heftig. Jetzt sind wir einfach nur glücklich“, sagen Markus Gers und Patricia Spielau. Beide haben eine Behinderung: Er sitzt im Rollstuhl, sie leidet unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, kann dadurch nur schwer Vertrauen fassen. Nun sind sie Teil eines besonderen Projekts der Behindertenhilfe der St.-Augustinus-Gruppe: In der Themenmappe „Freundschaft, Liebe und mehr“, die passenderweise am Valentinstag erscheint, teilen sie zusammen mit vielen anderen Paaren mit und ohne Behinderung ihre Gedanken und Gefühle.

Das religiöse Impulsblatt ist in Zusammenarbeit mit dem Bistum Limburg und der Caritas entstanden. „Darin geht es um Beispiele gelingender Beziehungen und Anregungen für das Leben von Beziehung – mit allen Sinnen“, erklärt Anja Bongartz, Sexualpädagogin bei der Behindertenhilfe der St.-Augustinus -Gruppe. Ein Paradebeispiel für eine gelingende Beziehung sind Patricia Spielau und Markus Gers. Beide waren im Sommer Patienten im Johanna-Etienne-Krankenhaus, kamen bei den Raucherpausen vor der Klinik miteinander ins Gespräch. „Seitdem sind wir per Facebook in Kontakt geblieben“, verrät die 35-Jährige. Intensiver wurde die Beziehung, als Gers einige Monate später wegen einer unverschuldeten Medikamentenvergiftung im Alexius/Josef Krankenhaus behandelt wurde. „Das war ein Tiefpunkt in meinem Leben, und ich war froh, dass Patricia mir Halt gegeben hat.“ Was ihn an seiner Partnerin begeistert: „Am Anfang waren es die Augen. Dann war es die Art und Weise, wie sie mit mir umgegangen ist. Es war ihr völlig egal, dass ich im Rollstuhl sitze“, sagt der gelernte Gärtner.

Im Mai 2022 ist das Liebespaar in eine gemeinsame Wohnung in Neuss gezogen. Zuvor lebte Patricia Spielau im Maximilian-Kolbe-Haus, einer besonderen Wohnform der St.-Augustinus-Behindertenhilfe. Sie hat in den vergangenen Monaten außergewöhnlich große Fortschritte gemacht“, erzählt Diplom-Heilpädagogin Anja Bongartz, und ihre ehemalige Klientin pflichtet ihr bei: „Geholfen hat mir eine Reha, aber auch die neue Stabilität durch die Beziehung. Unsere Gespräche tun mir einfach gut“, sagt die gelernte Rettungsassistentin. Bis sich das Paar aufeinander eingespielt hatte, dauerte es allerdings etwas: „Ich musste bei ihr auf jeden Fall viel Verständnis aufbringen und genau hinter die Fassade blicken“, sagt Markus Gers. Zum Beispiel waren anfangs schnelle Bewegungen oder zu laute Geräusche schwierig. „Auch Ironie oder Sarkasmus kommen bei Patricia einfach nicht an. Da kann ich schnell ins Fettnäpfchen treten“, erklärt der 58-Jährige. Situationen, die auch Anja Bongartz gut kennt. Als Leiterin des Beratungsangebotes Partnerschaft, Sexualität und Familie der St.-Augustinus-Behindertenhilfe steht sie Paaren zur Seite.

Dabei kommen nicht nur Fragen zu Konflikten, sondern auch zu Verhütung, Kinderwunsch oder erst einmal zum Dating auf. „Vielen Menschen mit Behinderung fällt es schwerer, einen Partner zu finden. Corona hat die Situation deutlich erschwert“, berichtet die Pädagogin. „Die sozialen Beziehungen haben sich dadurch stark verändert. Vor allem bei Menschen mit Behinderung sind die ohnehin schon weniger ausgeprägten sozialen Netzwerke noch kleiner geworden.“ Auch deshalb entstand die Idee zur Themenmappe „Freundschaft, Liebe und mehr“ – als Hilfestellung.

Im Fall von Patricia Spielau hat sich vieles gebessert. „Dinge, die bis vor einem Jahr unmöglich waren, gehen plötzlich“, sagt die Neusserin. So wird sie in diesem Jahr zum Beispiel den Kappessonntagszug als Wagenengel begleiten. Das ist umso erstaunlicher, weil sie früher Menschenmassen und hohe Lärmpegel mied.

Über ihren Schatten gesprungen ist sie bereits am 11. August 2022, dem Datum, das das Paar nie vergessen wird: Beim Konzert der Band „Die Räuber“ nahm Spielau all ihren Mut zusammen und machte ihrem Liebsten vor hunderten Menschen auf der großen Bühne auf dem Münsterplatz einen Heiratsantrag. Und? Er hat natürlich „Ja“ gesagt.

(NGZ)
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