Körper und Seele im Einklang Yoga - ein boomendes Geschäft auf Bali

Ubud · Das Geschäft mit Yoga-Zentren auf Bali boomt. Der gestresste Westler findet zu Harmonie von Körper, Seele und Geist - und lernt, störende Aspekte auszublenden. Ubud hatte auf Bali schon immer einen Ruf als Zentrum für Künstler, Heilkraft und Kultur. Es lockt unzählige Urlauber auf der Suche nach spiritueller Ruhe an.

Das Yoga-Zentrum in Ubud
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"Wen die Götter Balis nicht mögen, der wird wieder fortgetrieben, tot oder lebendig." Die kanadische Autorin Catherine Wheeler, die seit über zehn Jahren in Ubud lebt kennt viele Beispiele von Ausländern, die vom Pech verfolgt werden.

"Bei manchen klappt gar nichts. Sie werden krank, in Autounfälle verwickelt oder bei Grundstücksgeschäften betrogen", sagt sie der Nachrichtenagentur dpa.
Mit Yoga-Zentren meinen es die Götter Balis zweifellos gut. Das Geschäft brummt.

Große Vision

Hochbetrieb herrscht im größten Zentrum "Yogabarn" und auch die Anlage "Radiantly Alive" des Yoga-Coaches Daniel Aaron ist auf Erfolgskurs. "Es läuft gut", sagt der 43-Jährige aus dem US-Bundesstaat Maine. Sein Studio-Gebäude ist gerade mal seit Frühjahr 2012 in Betrieb, doch die Kurse füllen sich schnell.

Er beschäftigt neun Lehrer, die Vinyasa-Yoga, Iyengar, Tai Chi und Entspannung anbieten. "Meine Vision geht jedoch weiter: ich will hier noch ein Café und ein Therapie-Zentrum eröffnen."

Profitieren hauptsächlich die Westler auf Kosten der Balinesen vom Yoga-Boom? Schwer zu sagen. Klar ist: Die Westler bringen Ideen und Kapital, klar ist aber auch, dass die Geschäfte nur mit einem indonesischen Partner - und dem Wohlwollen der Götter - florieren. Die Einheimischen lassen sich den Markt nicht aus der Hand nehmen.

Hier in leichter Höhenlage weitab vom Meer ist es deutlich ruhiger als an der Küste, wo es die meisten der 1,3 Millionen Touristen hinzieht, die im ersten Halbjahr 2012 Bali besucht haben. Dort ist Kuta die Hochburg für Surfer, Diskos und Nachtleben. In Ubud wird es dagegen nach 21 Uhr schnell sehr ruhig.

Die "Yogabarn"

Frühaufsteher sind besser dran. In der "Yogabarn" beginnen die ersten Kurse um 7 Uhr. Die vier Studios sind geräumig und luftig, das Angebot abwechslungsreich und die Lehrer kompetent. Man trifft sich im Garten-Café, wo freundlich lächelnde Balinesinnen frisch gepresste Mango- oder Papaya-Säfte, Salate oder Reisgerichte servieren, fern vom ewig brummenden Lärm der Autos und Motorräder.

"Ich wollte nur ein paar Tage bleiben. Aber es ist so schön hier, dass ich meine Weiterreise verschiebe", sagt die junge Australierin Rebecca aus Adelaide, die auf ihrem monatelangen Trip durch Südostasien in Ubud Station macht. Das ist typisch. Viele Bali-Urlauber mit Yoga-Interesse verfallen dem Charme dieser Oase der Ruhe und bleiben "hängen", wenn sie den Luxusfaktor Zeit mitbringen.

Allerdings bedarf es auch des Luxusfaktors Geld. Die Preise für die Yogakurse liegen mit etwa 120 Euro für 20 Kurse unter europäischem Niveau, doch aus balinesischer Sicht ist dies mehr als ein Monatsverdienst, der für Angestellte bei etwa 100 Euro liegt.

Dabei hat der Tourismus den Balinesen schon einen bescheidenen Wohlstand gebracht. Im übrigen Indonesien, so schätzt der Yogabarn-Manager Charley Patton, lebt etwa die Hälfte der Bevölkerung von weniger als zwei Dollar am Tag. Urlaub ist auch für die meisten Balinesen ein Fremdwort, eine Auslandsreise bleibt zumeist unerschwinglich.

So entstand das Projekt

"Für unsere Kurse muss man etwa ein Drittel bis 50 Prozent weniger bezahlen als in den USA. Das war unser Maßstab", sagt Aaron. In den letzten paar Jahren sind die Preise steil gestiegen, auch für die Pacht von Grundstücken, da Ausländer auf Bali kein Land kaufen können.

Bauen ist preisgünstig, doch für die Visa-Verlängerung muss man als Ausländer regelmäßig tief in die Tasche greifen. Auf Architekten kann man hingegen verzichten. Der Entwurf des Besitzers reicht aus und balinesische Bauarbeiter ziehen mit einem Stein an einem Faden als Lot schnurgerade rote Backsteinmauern hoch, verlegen glänzende Holzfußböden und verarbeiten schlanke Bambusstämme zu ansehnlichen Deckenverkleidungen.

"Yogabarn" verdankt seine Existenz der Liebesgeschichte zwischen der geschäftstüchtigen New Yorkerin Meghan Pappenheim und dem Balinesen Madé Gunarta.

Als Sohn einer in Ubud angesehenen Familie konnte Madé das Land inmitten von Reisfeldern kaufen, auf dem das Zentrum 2006 entstand und schrittweise auf heute 13 000 Quadratmeter erweitert wurde. "Irgendwie ist uns alles im Lauf der Zeit in den Schoß gefallen", sagt Patton, der aus San Francisco stammt.

Überlaufende Kurse

"Innerhalb von neun Monaten stand das zweistöckige Hauptstudio.
Sechs Monate nach der offiziellen Eröffnung im Dezember 2007 waren die Kurse überlaufen, heute haben wir etwa 5000 Kursteilnehmer pro Monat".

Lehrer fanden sich ohne größere Schwierigkeiten. "Es gab schon immer reisende Yogalehrer, die an Energie-Orten Kurse und Lehrgänge geben, und einige sind einfach hiergeblieben", sagt Patton.

Auch Aaron liefen die Profi-Yogis zu. "Als ich über Internet gesucht habe, bekam ich über hundert Bewerbungen aus der ganzen Welt". Sein eigener Unterricht ist dynamisch und fließend.

Das verwandelt die Übungsabläufe in einen langsamen Tanz, im Rhythmus mit der Atmung. Aaron verbindet seinen Unterricht gern mit Tipps über positive Lebensführung, Ehrlichkeit und Offenheit.

"Wenn Du jemanden aufrichtig liebst oder verehrst, dann sagst Du ihm auch Deine wirkliche Meinung und bleibst nicht in verlogenen Floskeln stecken", sagt er zum Auftakt einer Vinyasa-Stunde.

Jahrelang ist Aaron als Personalberater und Yoga-Coach um die Welt gereist. "Ich habe nirgendwo länger als ein Jahr gelebt", sagt der alleinerziehende Vater einer Tochter. Das ist jetzt anders. "Es gibt keinen Ort auf der Welt, wo ich lieber wäre". Das sagt auch Wheeler ebenso wie viele Urlauber - obwohl die Schattenseiten Ubuds abschreckend wirken können.

Exotisches Indonesien

Die Globalisierung hat den Ort fest im Griff. Die zwei Hauptverkehrsstraßen, Jalan Hanuman und Monkey Forest road, sind eine einzige Kette von Hotels, Restaurants und Souvenir- Geschäften, die allerdings herrlich bunte Stoffe, fein gearbeiteten Silberschmuck und beeindruckende Holzschnitzereien anbieten.

Der Strom von Autos und Motorrollern reißt nicht ab und staut sich oft, andererseits riecht es auf den Straßen hauptsächlich nach Blumen und Räucherstäbchen, die morgens vor jedem Laden in kleinen Opferschalen den Geistern dargeboten werden.

Alle paar Meter wird dem Ausländer ein Taxi, eine Massage oder ein Batik-Stoff zum Sonderpreis angeboten, andererseits ist der Tonfall freundlich und immer ist ein Lächeln dabei. Internet-Reservierungen haben das internationale Geschäft erleichtert. Hotels mit Webseiten sind in den Hauptreisemonaten Juli/August meistens ausgebucht.

Die Urlauber fühlen sich Zuhause

Die Front Ubuds ist auf westliches Niveau getrimmt, doch dahinter existiert nach wie vor das exotische Indonesien, auch wenn man etwas suchen muss. "Ich bin dreimal umgezogen, bis ich ein nettes Zimmer abseits der Hauptstraße mit Familienanschluss gefunden habe", sagt Martina aus der Schweiz.

Lokaltypische "homestays" ohne Website sind familienbetriebene Wohnanlage, wo morgens vielleicht der Hahn kräht und Hunde bellen.

Doch die Zimmer sind blitzsauber mit gekacheltem Bad, Dusche und Ventilator für etwa 20 Euro pro Tag. Die Nächte in Ubud sind lau und manchmal frisch. Klimaanlagen braucht man kaum und Moskitos sind selten.

Wem das zu exotisch ist, kann in westlichem Ambiente bleiben.
Hamburger mit Pommes frites, Riesen-Bratwürste, Pizza und hausgemachtes italienisches Eis gibt es überall, genauso wie klimatisierte Boutiquen mit Designer-Mode und geschmackvoll eingerichteten Restaurants, wo die Gerichte genauso schmecken, wie zu Hause - also kaum gewürzt.

Balinesen haben sich an die kulinarischen Vorlieben der Urlauber angepasst und sind auch bestens über das Preisniveau der Industrieländer informiert.

Bali ist auf Touristen eingestimmt

Nostalgisch werden da nicht nur Asien-Fans der älteren Generation, die Satay-Spieße in Erdnuss-Soße auf dem Straßenmarkt gegessen haben, spartanische Unterkünfte mit improvisierten Waschgelegenheiten akzeptierten und in überfüllten Uralt-Bussen durch den Dschungel reisten.

"Ich bin ziemlich enttäuscht, man hat das Gefühl, hier nur als Käufer von Waren betrachtet zu werden", sagt die 19-jährige Sherin aus Osnabrück. Im Vergleich zu Kuta, wo sie vorher war, "ist es allerdings nicht so schlimm".

"Der Kontakt zu Balinesen ist hier ja gar nicht möglich. Sie wollen ja nur Dein Geld", findet Nicolas (22) aus Freiburg. Ubud sei jedoch im Vergleich zu Kuta "eine Oase".
Positiv fällt ihm auf, dass hier "nicht soviel Touristenramsch wie in Kuta verkauft wird, es gibt mehr Kunsthandwerk".

Man muss schon ein paar Tage bleiben, um die schönen Seiten des Lebens für sich zu entdecken. Dann hat man sein Lieblings-Speiselokal in einer Seitenstraße gefunden, wo Reis-, Gemüse und Fleisch-Gerichte köstlich scharf schmecken, und dann schafft man es auch, den ewigen Verkehrslärm auszublenden.

Mit der Zeit wird auch der eigene Schritt zum Schlendergang und man entwickelt das richtige Preisgefühl, um auf dem Markt erfolgreich zu handeln.

Es gibt auch Urlauber, die im ersten Schock über den Trubel sofort weiterreisen in nördliche Küstenorte, in die Berge oder an die Seen dieser majestätischen Insel mit ihren Terrassen-Reisfeldern und ewig grünen Wäldern. Dort ist es ruhiger, preisgünstiger und es gibt sehr viel weniger Souvenir-Shopsn, doch das enorme Yoga-Angebot gibt es eben nur in Ubud.

(dpa)
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