Studie Conterganopfer sind schlecht versorgt

Aachen/Allmendingen · Schmerzen, Armut, Pflege - Conterganopfer schauen in eine düstere Zukunft. Im Alter verschärfen sich die Probleme. Seit Jahren fordern sie mehr Unterstützung. Eine Studie sieht dringenden Handlungsbedarf.

Contergan-Opfer im Hungerstreik
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Wissenschaftler der Universität Heidelberg sehen bei der Versorgung von Conterganopfern dringenden Handlungsbedarf. Die gesundheitliche Entwicklung der Geschädigten stehe an einem Wendepunkt, schreiben sie in einer Studie zur Lebenssituation Contergangeschädigter. "Die Studie ist eine wissenschaftliche Bestätigung der von uns festgestellten Unterversorgung", sagte die Vorsitzende des Bundesverbands Contergangeschädigter, Margit Hudelmaier.

Die auf Beschluss des Bundestags erstellte Studie empfiehlt unter anderem eine deutliche Erhöhung der Conterganrenten, auch damit die Opfer die höheren Lebenshaltungskosten tragen können. Helfersysteme mit Eltern, Kindern oder Partnern brächen zunehmend weg. Unabhängige Hilfen müssten gewährleistet sein. Unterstützung bei Umbaumaßnahmen in der Wohnung, angepasste Rehabilitationsleistungen, Heil- und Hilfsmittel werden empfohlen. Der Familienausschuss des Bundestags soll im Februar über die Studie beraten.

Schmerzen durch Fehlhaltung

Für die Studie wurden 870 Betroffene und damit ein Drittel der noch lebenden Conterganopfer in Deutschland befragt. Fast jeder Betroffene (84,2 Prozent) klagt demnach über Schmerzen als Folge ständiger Fehlhaltung. Conterganopfer sind zwar überdurchschnittlich ausgebildet, aber etwa jeder Dritte der überwiegend 53-Jährigen könne nicht mehr arbeiten. Aufgrund der sprunghaften Entwicklung sei damit zu rechnen, dass "in wenigen Jahren" kaum mehr jemand arbeiten könne.

Die Betroffenen seien materiell, medizinisch und rehabilitativ unterversorgt. "Was wissenschaftlich festgestellt wurde, sind nicht mehr Wünsche, Visionen und Träume der Geschädigten. Es sind eindeutig festgestellte Bedarfe, die für uns existenziell notwendig sind", sagte Hudelmaier. Das Bundesverfassungsgericht habe schon 1976 und 2009 den Staat ausdrücklich aufgefordert, Hilfen und Mittel zur Verfügung zu stellen.

Bei dem größten Medikamenten-Skandal der deutschen Nachkriegsgeschichte hatte die rheinische Firma Grünenthal das Schlafmittel 1957 auf den Markt gebracht. Weltweit kamen etwa 10.000 Kinder mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen zur Welt. Heute leiden sie zusätzlich unter den Folgen.

(lnw/anch)
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