Sport schützt vor Krebs "Couch-Potatoes" sterben früher

Hamburg/Hannover · Sportler haben ein geringeres Risiko depressiv zu werden oder Krebs zu bekommen. Laut einer von der britischen Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlichten Studie kostet der "Couch-Potato-Lebensstil" hingegen jährlich rund fünf Millionen Menschen das Leben.

Diese Folgen hat Übergewicht
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Foto: TK

Laut der Studie sind etwa zehn Prozent der Todesfälle weltweit auf mangelnde körperliche Betätigung zurückzuführen. Drei von zehn Menschen über 15 Jahren bewegten sich nicht ausreichend, bei den 13- bis 15-Jährigen seien es sogar vier von fünf.

Wer sich nicht bewegt, der wird eher depressiv: Schon in den 1980er Jahren zeigte eine amerikanische Studie, dass Frauen, die sich in ihrer Freizeit nicht bewegten, ein höheres Risiko haben, innerhalb von acht Jahren depressiv zu werden.

Glücks-Flow hält drei Stunden lang

Auch ohne das Wissen um dieses Risiko bewegen sich viele Menschen: Sie treiben Sport, weil sie das gute Gefühl nach der körperlichen Anstrengung schätzen. Wissenschaftler kommen diesem positiven Feeling näher: Eine Studie von Marieke Wichers et al. von der "School for Mental Health and Neuroscience", Universität Maastricht, belegt, dass Bewegung positive Auswirkungen hat. Zumindest für drei Stunden, denn so lange hält ihrer Studie nach das Wohlbefinden an.

Mediziner und Psychologen wollen das für chronisch Kranke nutzbar machen: Krebs, Depressionen und andere schwerwiegende oder chronische Krankheiten fordern den Betroffenen unglaubliches ab. Depressionen sind eine Volkskrankheit. Schätzungsweise vier Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer behandlungswürdigen Form der Krankheit.

Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit, Reizbarkeit, Schlafstörungen — die, die durch Stress bei der Arbeit, Beziehungsprobleme oder auch genetische Vorbelastungen in ein dauerhaftes Stimmungstief rutschen, kennen diese Symptome. Sie sind gefangen in sich selbst. Einfache Tätigkeiten oder tägliche Arbeiten stellen sie vor eine unüberwindbare Hürde. Sie können sie kaum bewältigen. Sportwissenschaftler wollen den Wohlfühlfaktor Betroffener durch eine Sporttherapie erhöhen.

Bewegung als zusätzliche Therapieform

In der Therapie Depressiver kommen in der Regel Antidepressiva und eine Psychotherapie zum Einsatz. Dass Bewegung ein sinnvoller weiterer Baustein bei der Behandlung dieser Erkrankung sein kann, davon sind Mediziner und Psychotherapeuten am Klinikum Hamburg-Eppendorf fest überzeugt. In einem Team aus Ärzten, Sportwissenschaftlern und -lehrern, Physio- und Bewegungstherapeuten, Ernährungsmedizinern, Psychologen bieten sie — wie auch viele andere Kliniken ein ergänzendes Bewegungskonzept an. Denn viele Studien belegen nach Information des Klinikums, dass regelmäßiges körperliches Training die Symptome einer Depression lindern kann.

In eine etwas andere Richtung geht ein Projekt, das Psychiater der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover und Sportwissenschaftler der Universitäten Würzburg und Marburg gestartet haben. Sie suchen nach einer Möglichkeit, außerhalb der Kliniken Menschen vor Ort zu erreichen. Dafür haben sie ein spezielles Trainingsmodul für Menschen mit Depressionen entwickelt, das derzeit getestet. Es zielt darauf ab, dass künftig in Sportvereinen ein Trainingsprogramm zur Verfügung steht.

Diese Effekte hat Sport bei Krebs

Auch in der Krebstherapie ist Bewegung ein wichtiger Faktor geworden. Ob es Krankengymnastik oder angepasste andere sportliche Aktivitäten sind, Bewegung wirkt sich positiv auf die Lebensqualität aus. Manche behaupten soagr, dass ein regelmäßiges sportliches Training auch die Wahrscheinlichkeit bei Krebspatienten vermindere, einen Rückfall zu erleiden. Nach Informationen des Krebsinformationsdienstes gibt es Studien, die belegen, dass zum Beispiel Patienten mit Darmkrebs, die sich viel bewegen länger leben als solche, die sportlich inaktiv sind.

Wer körperlich aktiv ist, der kann mit Blick auf bestimmte Krebserkrankungen wie Darm-, Prostata-, Brust oder Gebärmutterhalskrebs sein Risiko daran zu erkranken deutlich senken. Die derzeitige epidemiologische Studienlage zeigt laut Informationen des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen in Heidelberg schützende Wirkung von Sport und körperlicher Aktivität für Tumoren der Lunge und der Bauchspeicheldrüse.

Je nach Tumorart fällt das Risiko um bis zu 30 Prozent geringer aus, daran zu erkranken. In Europa sollen nach Schätzungend er Experten rund 14 Prozent der Krebsfälle bei Männern und 16 Prozent der Krebsfälle bei Frauen auf körperliche Inaktivität zurückgehen.

Viele Kliniken unterstützen die sportlichen Ambitionen ihrer Patienten oder regen sie überhaupt erst an. So machen es unter anderen das Interdisziplinäre Tumorzentrum in Mannheim und das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg. Speziell bei Krebspatienten hilft der Sport über die negative Selbstwahrnehmung hinweg und unterstützt die Betroffenen dabei, ihre Kondition, Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit zu erhalten.

(wat)
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