Model X Tesla verleiht Flügel

Eine unschlagbare Beschleunigung und zahlreiche Raffinessen an Bord: Mit dem Model X liefert der US-Hersteller ein Fahrzeug für die Zukunft.

Model X: Tesla verleiht Flügel
Foto: Tesla / James Lipman / jameslipman.com

Früher war alles einfacher - wenn auch nicht unbedingt schöner. Da gab es klare Karosserieformen: Limousine, Coupé, Kombi oder Geländewagen, um einige wichtige zu nennen. Dann kamen die SUVs und mit ihnen die Crossovermodelle, die die Grenzen zwischen den Bauformen verschwimmen ließen. SUVs ohne Dach oder Mini-Geländewagen für die Stadt sind nur einige Auswüchse. Und was ist jetzt das Model X? Van, SUV, überproportionierter Sportler? Nur eins ist sicher: Auch das neue Modell von Tesla ist wie seine Vorgänger rein elektrisch unterwegs und vollgestopft mit innovativer Technik.

Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) zumindest hat sich entschieden: Es listet das Model X als SUV. Seit dem Start im Mai wurden 271 Exemplare neu zugelassen, 38 allein im Oktober. Die Wartezeit beträgt drei bis vier Monate. Das noch am ehesten vergleichbare Elektromodell, der BMW i3, kam im Oktober auf 391 Neuzulassungen, für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2016 stehen 2139 Wagen in der Liste des KBA. Im gesamten Jahr 2015 wurden 12.363 Elektrofahrzeuge zugelassen.

Laut Tesla hebt sich das Model X aber von der Konkurrenz ab als das "sicherste, vielseitigste und schnellste SUV der Geschichte". Optisch fallen als erstes die hinteren "Falcon Wing"-Flügeltüren ins Auge. Anders als zum Beispiel bei Lamborghini öffnen sie nicht schräg nach oben, sondern fahren erst seitlich nach außen, ehe sie gerade nach oben klappen. Jedoch nur, wenn die Sensoren am Fahrzeug freie Bahn signalisieren. Dafür reicht schon ein Spalt von rund 30 Zentimetern. Eine Panorama-Windschutzscheibe - laut Tesla die größte auf dem Markt - zieht sich bis weit über den Kopf des Fahrers. Auch die Flügeltüren sind mit Dachfenstern ausgestattet.

Dass das Model X das schnellste SUV ist, überrascht bei einem Sprint von null auf 100 km/h in 3,1 Sekunden (stärkste Variante P100D mit 100-kWh-Batterie) nicht. Beim Tritt auf das Gaspedal fühlt es sich an, als sitze man in einer Achterbahn auf vier Rädern. Erst bei 250 km/h ist Schluss. Durch die bodenintegrierte Batterie hat das Fahrzeug einen extrem niedrigen Schwerpunkt, was das Umkippen fast unmöglich macht. Das Handling ist aufgrund des Gewichts von rund 2,5 Tonnen etwas schwerfällig und lässt manchmal die Präzision vermissen. Mit den 22-Zoll-Rädern und je nach Einstellung der Luftfederung reagiert der Tesla zudem recht sensibel auf Unebenheiten der Fahrbahn.

Unschlagbar ist das Model X beim teilautomatisierten Fahren. Zwar haben auch andere Hersteller Spurhalteassistent, Abstandhalter und Tempomat verbaut - bei Tesla kommt noch der Spurwechsel durch eine leichte Bewegung des Lenkrads hinzu -, doch es ist das perfekte Zusammenspiel der Funktionen, das den Unterschied ausmacht. Der Wagen bleibt automatisch in der Mitte der Spur, es gibt keine ruckhaften Korrekturen. Dadurch hat der Fahrer ständig ein sicheres Gefühl - selbst, wenn er das Lenkrad aus der Hand gibt. Beim neuen Update wurde der Autopilot nochmal speziell darauf abgestimmt, im dichten Verkehr direkter und gleichmäßiger zu reagieren. Bei starkem Regen bekommt das System allerdings Probleme und lässt sich nicht aktivieren.

Das Cockpit ist Tesla-typisch puristisch gestaltet und unterscheidet sich kaum vom Model S. Gebürsteter Edelstahl, Glatt- und Wildleder sowie etliche Carbon-Elemente bestimmen die Optik. Die komplette Steuerung erfolgt über den 17-Zoll-Touchscreen. Es gibt genau zwei Knöpfchen: für die Warnblinkanlage und zum Öffnen des Handschuhfachs - das war's. Über den senkrecht angebrachten Bildschirm lassen sich auch die neuesten Spielereien von Tesla steuern, die das aktuelle Update 8.0 beinhaltet. Etwa der "Bioweapon Defense Mode", der auf Knopfdruck einen leichten Überdruck im Innenraum erzeugt, und somit das Eindringen "von gefährlichen Gasen und Keimen aktiv verhindert". Doch auch wenn keine unmittelbare Gefahr droht, so lässt sich die Funktion noch für etwas anderes einsetzen - nämlich um bei der Fahrt durch die Stadt Feinstaub im Inneren zu verhindern. Deutlich öfter zum Einsatz - wenn auch nicht zu dieser Jahreszeit - dürfte der Überhitzungsschutz kommen. Diese Funktion ermöglicht eine konstante Temperatur im Innenraum bei ausgeschaltetem Fahrzeug und schützt somit zum Beispiel Tiere vor zu starker Hitze.

Das Model X gibt es mit drei Batterie-Varianten: Das Einstiegsmodell 75D (75-kWh) hat laut Hersteller eine Reichweite von 417 Kilometern und kostet ab 102.500 Euro. Die von uns getestete Version mit 90-kWh-Batterie gibt es ab 113.000 Euro und hat laut Tesla eine Reichweite von 489 Kilometern. Im Test mussten wir bei kaltem Wetter allerdings nach rund 350 Kilometern wieder an die Steckdose. Das Spitzenmodell P100D - ab 156.700 Euro - soll 542 Kilometer schaffen und hat bereits einen Spoiler, der sich je nach Geschwindigkeit selbst verstellt, und das Ludicrous-Geschwindigkeits-Upgrade für die Bestzeit von 3,1 Sekunden an Bord. Damit lässt man sein Model X auch gerne als SUV bezeichnen - nämlich "das schnellste der Geschichte".

(RP)
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