E-Auto-Hersteller Tesla kritisiert Genehmigungsverfahren für Fabrik nahe Berlin

Berlin · Bei Tesla haben sich offenbar Frust und Wut aufgestaut: Der Elektro-Auto-Hersteller greift zu ungewöhnlicher scharfer Kritik an den Genehmigungsverfahren für sein Elektroauto-Werk bei Berlin.

 Das Baugelände der Tesla Gigafactory östlich von Berlin (Archivbild).

Das Baugelände der Tesla Gigafactory östlich von Berlin (Archivbild).

Foto: dpa/Patrick Pleul

Der US-Konzern argumentiert in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme, die Fabrik helfe durch Verbreitung von E-Mobilität im Kampf gegen die Erderwärmung. „Der deutsche Genehmigungsrahmen für Industrie- und Infrastrukturprojekte sowie für die Raumplanung steht in direktem Gegensatz zu der für die Bekämpfung des Klimawandels notwendigen Dringlichkeit der Planung und Realisierung solcher Projekte“, kritisierte Tesla.

„Besonders irritierend“ sei für Tesla, dass es 16 Monate nach dem Antrag noch keinen Zeitplan für die Erteilung einer endgültigen Genehmigung gebe. Das „eklatanteste Problem“ sei, dass in aktuellen Verfahren und Gesetzen Projekte, die den Klimawandel bekämpften und solche, die ihn beschleunigten, gleich behandelt würden.

Tesla äußerte sich in einem Verfahren zwischen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Bundesrepublik vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Die DUH fordert, dass die Bundesregierung dazu verurteilt werde, ein Programm aufzustellen, um das nationale Klimaschutzziel 2030 zu erreichen. Tesla reichte die Stellungnahme als „Freund des Gerichts“ ein, da es im Interesse des Verfahrens sei, die Erfahrungen zu teilen.

Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch sagte, er sei von Teslas Vorstoß überrascht worden, begrüßte ihn aber. Der Brief sei „segensreich“: „Das Wesentliche ist, dass jetzt wieder Schwung in die Diskussion hineinkommt, wie wir diese Überbürokratisierung in Deutschland zurückfahren können, ohne dass die Mitwirkungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft und der Umweltverbände geschliffen werden.“

Man brauche eine schnellere Genehmigungspraxis in Deutschland, um den Klimaschutz-Anforderungen gerecht zu werden. Genehmigungsverfahren dauerten zu lange und würden zum Beispiel für Windräder auch immer schwieriger. Ein Problem sei etwa, dass die Einreichung von Dokumenten per E-Mail von Behörden häufig abgelehnt werde.

Tesla will in seinem ersten europäischen Werk in Grünheide in Brandenburg im Sommer die Produktion aufnehmen und mit der Zeit 500.000 Autos pro Jahr fertigen. Der US-Konzern baut bisher mit vorläufigen Zulassungen. Die Arbeiten wurden wiederholt nach dem Vorgehen von Umweltverbänden unterbrochen. Unter anderem ging es dabei um die Umsiedlung von Tieren. Kritiker warnen auch vor Risiken für die Trinkwasser-Versorgung der Region.

Tesla schlug in der Stellungnahme zehn Maßnahmen vor, mit denen die Genehmigungsabläufe verbessert werden sollen. Dazu gehören beschleunigte Verfahren für nachhaltige Projekte sowie die Berücksichtigung auch indirekter Auswirkungen auf die Umwelt. Aktuell könnten Hinweise auf relativ geringe lokale Folgen in größerem Maßstab positive Projekte verhindern, argumentierte der US-Konzern. Tesla kritisierte auch, dass bei der Beteiligung der Öffentlichkeit „einige der aktuellen Bestimmungen zu Missbrauch einladen“. So belohnten große Anhörungen „Lautstärke statt Substanz“.

In diesem Punkt ging DUH-Chef Resch auf Distanz zu Teslas Brief: „Wir hätten das nicht geschrieben.“ Alle Argumente von Umwelt- und Bürgerverbänden müssten abgewogen werden, „und am Ende entscheiden die Gerichte“. Zweifel äußerte Resch zudem daran, dass man von vornherein klimafreundliche und -schädliche Projekten trennen könne. Schließlich werde jeder Betrieb von positiven Effekten sprechen.

Auch Brandenburgs Landesregierung zeigte sich bei diesem Vorschlag skeptisch. Man halte zwar Verfahrensbeschleunigungen „an geeigneter Stelle“ für sinnvoll. „Rechtlich kann es jedoch keine Unterscheidung zwischen scheinbar klimafreundlichen und eher klimabelastenden Investitionen geben, denn das Recht ist nicht teilbar.“

Über den Umwelteffekt der Elektromobilität gibt es durchaus Diskussionen. Während sie im Betrieb anders als Verbrenner kein klimaschädliches CO2 ausstoßen, verweisen Kritiker darauf, dass es auch eine zentrale Rolle spiele, ob die Batterien mit erneuerbarer Energie oder Strom aus fossilen Brennstoffen aufgeladen werden. Außerdem entsteht CO2 auch bei der Produktion der Fahrzeuge und der Förderung der Batterie-Rohstoffe. Ganz zu schweigen von der Altlast bei der Batterie-Entsorgung.

(felt/dpa)
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