München Gerichte könnten Cornelius Gurlitt als Eigentümer bestätigen

Ob der Münchner Bilderschatz des Cornelius Gurlitt in der zweifelhaften Obhut dieses 80-jährigen Kunsthändler-Sohns bleibt oder ob er vollständig oder teilweise den Erben jener Menschen erstattet werden muss, die ihn unter Zwang hergaben – darüber ließ sich gestern nur spekulieren. Doch schon heute könnte das Geheimnis der Raubkunst ein wenig gelüftet werden, wenn wie angekündigt nacheinander die Staatsanwaltschaft Augsburg und die Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann ihre Erkenntnisse zum Fund ausbreiten. Hoffmann fahndet an der Forschungsstelle "Entartete Kunst" der FU Berlin nach dem Verbleib der mehr als 20 000 von den Nationalsozialisten verfemten Bilder und Skulpturen und ist mit dem Münchner Fall, auf den Ermittler bereits im Jahr 2011 stießen, schon seit längerem befasst.

Ob der Münchner Bilderschatz des Cornelius Gurlitt in der zweifelhaften Obhut dieses 80-jährigen Kunsthändler-Sohns bleibt oder ob er vollständig oder teilweise den Erben jener Menschen erstattet werden muss, die ihn unter Zwang hergaben — darüber ließ sich gestern nur spekulieren. Doch schon heute könnte das Geheimnis der Raubkunst ein wenig gelüftet werden, wenn wie angekündigt nacheinander die Staatsanwaltschaft Augsburg und die Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann ihre Erkenntnisse zum Fund ausbreiten. Hoffmann fahndet an der Forschungsstelle "Entartete Kunst" der FU Berlin nach dem Verbleib der mehr als 20 000 von den Nationalsozialisten verfemten Bilder und Skulpturen und ist mit dem Münchner Fall, auf den Ermittler bereits im Jahr 2011 stießen, schon seit längerem befasst.

Die bisherige Rechtsprechung macht allerdings wenig Mut, darauf zu bauen, dass die Kunstwerke in die Museen oder Familien zurückgelangen, in denen sie sich einst befanden. Als das Essener Museum Folkwang vor drei Jahren in einer Ausstellung seinen heutigen Gemäldeschatz mit demjenigen Teil verband, den die Nazis einst als "entartete Kunst" ins Ausland verkauften, brauchten sich die amerikanischen Museen, aus denen die Leihgaben stammten, nicht zu sorgen, dass ihre Werke nicht zurückkehrten. Denn die Nationalsozialisten hatten die Enteignung der Museen am 31. Mai 1938 wohlweislich durch ein "Gesetz über die Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst" nachträglich legitimiert. Wer also heute ein Kunstwerk besitzt, das die Nazis aus einer öffentlichen Sammlung verscherbelten, erfreut sich seines Besitzes zu Recht; anders als diejenigen, die über Arbeiten aus einstigem Privatbesitz verfügen und sich heute auf Restitutionsforderungen gefasst machen müssen.

Zwar trat das von den Nazis erlassene Gesetz 1968 außer Kraft, doch bis heute folgen die Gerichte meist der Rechtsauffassung, dass das Deutsche Reich die Kunstwerke verkaufen durfte. So wird auch das Kölner Wallraf-Richartz-Museum nicht mehr in den Besitz seines Picasso-Gemäldes "Die Familie Soler" gelangen, welches 1939 das Kunstmuseum Lüttich beim Schweizer Händler Fischer in Luzern erwarb — ein Objekt, das heute mehrere Millionen Euro wert ist. Handelt es sich dagegen um Gemälde aus privater Hand, haben die Besitzer Anspruch auf Erstattung, wenn sie nachweisen, dass sie von den Nazis persönlich verfolgt wurden. Da kommt es — wie zurzeit vor allem der Fall des Nachlasses von Alfred Flechtheim zeigt — darauf an, dass die Erben mit guten Anwälten zusammenarbeiten. Im Falle Gurlitt könnte eine Lüge dazu führen, dass der alte Mann sich von seinen Schätzen trennen muss. Denn als Cornelius Gurlitts Mutter, die Witwe des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, in den 60er Jahren von Beamten gefragt wurde, ob sie etwas über den Verbleib mehrerer Bilder aus dem Besitz des jüdischen Sammlers Henri Hinrichsen wisse, gab sie wahrheitswidrig zu Protokoll, sämtliche Bestände ihres verstorbenen Mannes seien in Dresden verbrannt. Durch diese Lüge könnten die Eigentumsrechte der Gurlitts verwirkt sein, damit auch die Rechte von Cornelius Gurlitt. Die Bundesrepublik Deutschland könnte die Rechtsnachfolge antreten und die Bilder je nach Lage an die rechtmäßigen Besitzer zurückgeben. Das ist eine schöne Vision — mehr aber womöglich nicht.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort