Film-Kritik Reine Chefsache: Frischling trifft Oldie

Dan versorgt als höherer Angestellter treu und brav seine Frau und zwei Kinder und zahlt seine Vorortvilla ab. Überraschend gerät das Leben des 51-Jährigen aus den Fugen, als ihm seine Frau eröffnet, dass sie schwanger ist. Zudem werden seine Töchter mann- und unberechenbar und sein Job wackelt. In der Komödie "Reine Chefsache" bekommt Dan (Dennis Quaid) einen neuen Chef, der halb so alt ist wie er selbst.

Reine Chefsache
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Foto: Tobis Film

Es sind viele Bälle, mit denen Regisseur Paul Weitz spielt. Doch die Gebrüder Paul und Chris Weitz, die bereits die intelligente Single-Komödie "About a Boy" koproduziert und gedreht haben (die Pubertätsklamotte "American Pie" sei ihnen als Jugendsünde verziehen) schaffen es über lange Zeit, die Balance zu halten.

Geschickt verschmelzen sie Pauls private Sorgen mit seinen beruflichen, indem sie ihm mit Carter einen ebenbürtigen Gegenspieler buchstäblich auf den Hals hetzen. Der dynamische Frischling hängt sich nämlich wie eine Klette an Dan, lädt sich bei ihm zu Hause ein und beginnt eine heimliche Affäre mit Dans ältester Tochter Alex. Dabei ist es Alex, die Carter verführt, unwiderstehlich angezogen von seiner offenen Art und seiner charmanten Jungenhaftigkeit. Ein prima dramaturgischer Trick: Der in Harvard trainierte Ehrgeizling ist zwar auf den ersten Blick ein Schnösel, entpuppt sich aber als Herzchen.

Das beherrschende Thema dieser Komödie ist eine Kritik am Raubtierkapitalismus, bei dem Menschen als bloße Kostenfaktoren behandelt und wie Bauern auf dem Schachbrett global agierender Konzerne herumgeschoben werden. Das zweite Thema ist ein Hahnenkampf zwischen alten und jungen Männern, in dem die Sympathien vorhersehbar ungleich verteilt sind und der sich erneut als Yuppie-Abgesang erweist.

Die meisten Lektionen bekommt der Jungspund verpasst, während der Oldie mit grauen Schläfen als Vertreter einer konservativen "Das-haben-wir-immer-schon-so-gemacht"-Haltung obsiegt. Nicht unerwartet ist auch das märchenhafte Ende im Stil eines James-Stewart-Films, bei dem die firmeneigenen Grausamkeiten und die Abgründe zwischen Geschäft und Moral dick mit Zuckerguss zugekleistert werden.

Esoterisch angehauchter Brimborium

Und dennoch hat diese Komödie sehenswerte Momente, wenn sie sich etwa über die heiße Luft lustig macht, die Manager verbreiten, anstatt Klartext zu reden: Dabei geht es doch nur ums Verkaufen. Stellvertretend für die "New Economy" wird ein monomanischer Firmenguru entzaubert, der mit esoterisch angehauchtem Brimborium von "Synergien" schwafelt und damit schlicht zum Job-Kannibalismus anstiftet. Ältere Angestellte werden "freigesetzt", jüngere übernehmen ihre Posten - und umgekehrt.

Ihre Intelligenz beweist diese unerwartet verquere Komödie aber vor allem in ihrer Darstellung menschlicher Beziehungen und der Wahl ihrer Schauspieler: wo der gut abgehangene Dennis Quaid seine eindimensionale Rolle als Vertreter der "alten Werte" ansehbar gestaltet, da machen die Jüngeren eine noch bessere Figur.

Scarlett Johansson, die zuletzt als "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" Furore machte, hat als Tochter Alex mit ihrer unergründlichen erotischen Ausstrahlung erneut ein umwerfendes Charisma. Kein Wunder, dass ihr der hibbelige Carter zu Füßen liegt. Topher Grace, bisher weitgehend unbekannt, spielt eine ganz und gar eigenwillige Rolle: einen Zauberlehrling, der selbst am meisten überrascht ist von seinem Erfolg. Ein Jungmanager, dessen leichte Schräglagen sowohl komisch wie berührend sind und der den unwirschen Dan insgeheim als Vaterersatz adoptieren möchte: kurz, ein Typ, der die Aufmerksamkeit magisch anzieht. Man wird hoffentlich mehr von ihm sehen.

(ap)
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