Film-Kritik Elektra: Schaufensterpuppe tritt Türen ein

Superheldinnen warten nicht auf den Kavalier, der ihnen die Tür aufhält. Sie treten diese eher selbst ein. Deshalb bekommen sie allerdings auf der Leinwand noch lange keinen Fuß auf den Boden. Denn der neue Superfrauen-Fantasyfilm "Elektra" ist so bodenlos schlecht, dass "Catwoman" im Vergleich fast oscarwürdiges Format besitzt.

Jennifer Garner, als Action-Heldin der TV-Serie "Alias" eigentlich prädestiniert für die Rolle der sexy Überfrau, stakst so perplex durch das konfuse Comic-Universum, dass man fast Mitleid bekommt. Dabei war Garner in der Verfilmung des Marvel-Comics "Daredevil", in der sie Elektra, Freundin des Superhelden spielte, der einzige Lichtblick.

Vertraglich zum Weitermachen zwangsverpflichtet, trägt sie nun, verständlich, eine wehleidige Miene zur Schau. Als Profikillerin, die -man versteht zwar nicht wie - seit "Daredevil" vom Tode wiederauferstanden ist, erledigt Elektra ihre Aufträge so schlecht gelaunt wie ein Rekrut im Irak, der auf den Heimflug wartet. Ihr Burnout-Syndrom ist jedoch im Nu verflogen, als sie sich beim Warten auf einen mysteriösen Mordbefehl mit dem Teenager Abby und deren Vater anfreundet - und erfährt, dass sie just diese beiden töten soll. Die Kampfmaschine entwickelt Gefühle, verweigert den Befehl, und legt sich stattdessen mit einer übersinnlichen Tokioter Gangsterbande, einer japanische X-Men-Ausgabe, an.

Dieses Fantasy-Abenteuer ist ein Film der verpassten Möglichkeiten, als dessen einziger Blickfang sich Jennifer Garner entpuppt. Mit ihren hohen Wangenknochen, schwellenden Lippen und starren Blicken bekommt sie jedoch lediglich die Präsenz einer Schaufensterpuppe aus Hartplastik zugestanden. Niemand, schon gar keine verschwitzte Männerhand, darf an diese sterile Schöne rühren; Daredevil wird in dieser Fortsetzung übrigens totgeschwiegen.

Ein bisschen Kung-Fu und Zeitlupe

Elektras schlenkernder Gang ist der eines Todesengels auf dem Laufsteg, "dressed to kill" in ein rotes Lackleder-Korsett, das an Madonnas S&M-Videos aus den Achtzigern erinnert. Dass man sich fragt, wozu sie bei diesem stählernen Body eigentlich ein Korsett braucht und ob sie nicht friert in ihren Hosen, deren Gürtellinie knapp über der Schamhaargrenze liegt, weist darauf hin, dass sonst nichts die Aufmerksamkeit zu fesseln vermag - wogegen man in anderen Comic-Verfilmungen die albernen Kostüme ihrer Superhelden-Kollegen gar nicht wahrnimmt. Hier aber ist Miss Garners Bauchnabel interessanter als der Rest.

Denn der Versuch, diesem traurigen weiblichen Samurai Identität, Neurosen und eine traumatische Vergangenheit zu verleihen, geht ebenso schief wie die ungeschickt choreografierten Actionszenen. Der Stil dieser Comic-Verfilmung bewegt sich zwischen der uninspirierten Nachahmung angesagter asiatischer Epen und einer Haarspray-Werbung: Hier ein bisschen Kung-Fu, dort ein bisschen Zen-Meditation, dazu ein Mentor mit weisem Geplapper, Zeitlupen-Choreografie, elegische Rückblenden, wehende Haare und am Ende viel Gewürm aus dem Computer.

Man hat sogar den charismatischen britischen Charakterkopf Terence Stamp engagiert, um Flair in die Geschichte zu bringen. Allein, sie gerät immer zerfahrener, und die Plot-Löcher sind schließlich so groß, dass Hannibal seine Elefanten durchtreiben könnte. Es sind sehr lange 96 Minuten, bis sich der letzte Böse mit einem lauten "Puff!" in eine grüne Staubwolke aufgelöst hat, und der Schluss sieht so aus, als ob alle Beteiligten die Sache so schnell wie möglich beenden wollten, um sich am Strand von Malibu zu erholen. Ein besonders lieblos produzierter Comic-Streifen also, der in den hiesigen Multiplexen den Platz für bessere Filme wegnehmen wird: Wann endlich packen Hollywood-Produzenten ihre verstaubten Marvel-Comics wieder auf den Dachboden?

(ap)
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