Mein Herz schlägt schneller Das böseste Buch der Welt

Düsseldorf (RPO). Ignaz oder die Verschwörung der Idioten ist ein wahnsinniges Buch, ein Abgesang auf die amerikanische Kultur. Deftig, dreist, obszön, klug, wütend. Ignaz, dieses größte Arschloch aller Zeiten, ist zugleich der größte Held aller Zeiten.

 So sieht das Cover des Teufelswerks aus.

So sieht das Cover des Teufelswerks aus.

Foto: dtv

Düsseldorf (RPO). Ignaz oder die Verschwörung der Idioten ist ein wahnsinniges Buch, ein Abgesang auf die amerikanische Kultur. Deftig, dreist, obszön, klug, wütend. Ignaz, dieses größte Arschloch aller Zeiten, ist zugleich der größte Held aller Zeiten.

Ignaz Reilly gehört zu jenen Menschen, die bloß da zu stehen brauchen, um Misstrauen zu erwecken. Grüne Jagdmütze, große Tweedhosen, kariertes Hemd. Ein Polizist spricht ihn an und bereut es schon bald. "Ich bin ein Anachronismus", sagt Ignaz über sich, "die Leute spüren das und sperren sich dagegen."

1976 erhielt der College-Professor Walker Percy ständig Anrufe von einer gewissen Thelma Toole. Er solle sich einen Roman durchlesen, den ihr Sohn während seines Militärdienstes in Puerto Rico geschrieben habe. John Kennedy Toole hatte für Ignaz oder die Verschwörung der Idioten nie einen Verleger gefunden und sich 1969 das Leben genommen. Unwillig begann Percy das Manuskript zu lesen und war am Ende begeistert. 1980 erschien der Roman in einem kleinen Wissenschaftsverlag, 1981 erhielt der Autor posthum den Pulitzer-Preis.

Im Mittelpunkt steht jener merkwürdig gekleidete Ignaz, ein Fleischklops, 30 Jahre alt, der noch immer bei seiner Mutter in New Orleans wohnt. Ignaz ist hochintelligent, hat aber noch jeden Job verloren und hängt den ganzen Tag in seinem Zimmer rum, nervt seine Mutter, eine Witwe, quält sich mit seiner Verdauung und schreibt gelegentlich an einem kulturkritischen Epos. Er hasst die moderne Kultur, sieht in ihr bloß Verfall.

Toole schreibt: "Er litt oft an Blähungen, wenn er morgens im Bett lag und die unglückliche Wendung bedachte, welche seit der Reformation die Entwicklung bestimmte." Fernsehsendungen sieht er sich nur an, um sie zu attackieren: "Die Fratzen in dieser Sendung müsste man allesamt vergasen."

Als seine Mutter Unfallschulden begleichen muss, schickt sie Ignaz auf Jobsuche. Ein paar Wochen hält er in der Bekleidungsfirma "Hosen-Levy" in der Buchhaltung durch, dann entlässt ihn der Chef, weil Ignaz einen Aufstand unter den Arbeitern anzettelt. Als Würstchenverkäufer hat er ebenfalls keinen Erfolg, weil er alle Würstchen selbst isst. Also beschließt er, eine Schwulenpartei zu gründen, um den Weltfrieden zu erlangen.

Ignaz ist die böse Ausgabe von Don Quichotte. Er glaubt, der Welt Gutes zu tun in seiner Rückbesinnung auf die Zeit vor der Aufklärung, auf traditionelle Werte. Trotz seiner Arroganz erweckt er deshalb Sympathie. Weil es ein Duell Ignaz gegen alle ist — und weil er es sich herausnimmt, sich nur fluchend zu unterhalten. Am Ende bleibt nicht nur das Gefühl, dass "Kultroman" auch mal großartige Bücher bezeichnet. Am Ende bleiben auch sehr viele Beschimpfungen für alle Gelegenheiten.

Ignaz oder die Verschwörung der Idioten ist für 9,95 Euro im Buchhandel erhältlich. Im verdorbenen Internet natürlich auch.

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