Das Bild "Zeuge schweigt" Jan Muche: "Suchen Sie nicht immer nach Sinn"

(RPO). Der Künstler Jan Muche hat das Bild "Zeuge schweigt" gemalt, das im Herzrasen-Wohnzimmer steht. Im Interview erklärt er, warum er seine bunten Bilder oft mit Text versieht.

 Jan Muche in der Krefelder Galerie Börgmann.

Jan Muche in der Krefelder Galerie Börgmann.

Foto: Thomas Lammertz

Lieber Jan Muche, wir verstehen ehrlich gesagt nicht so viel von Kunst wie echte Kritiker, finden aber ihre Bilder gut. Helfen Sie uns, Ihre gefeierten Bilder zu verstehen?

Jan Muche: In meinen Bildern gibt es eigentlich nichts zu erzählen. Ein Bild steht für sich, darum ist es ja ein Bild. Aber natürlich gibt es Themen, die für mich den Ausschlag geben, ein bestimmtes Motiv zu wählen. Das hat dann aber wiederum noch lange nichts zu tun mit dem, was hinterher als fertige Arbeit dabei herauskommt.

Wir sehen: "Zeuge schweigt". Wollen Sie uns erklären, was es mit dem Bild auf sich hat, ohne das wir jetzt die leidliche Frage stellen wollen, was sich der Künstler dabei gedacht hat?

Jan Muche: Na, das ist letztlich nur ein Frauenportät. Der Text ist da mehr eine so ironische gemeinte Ablenkung.

Raffiniert, der Text, über den wir uns so viel Gedanken gemacht haben, ist nur ein Manöver. Und Sie haben diebisch Spaß daran, dass wir nach Sinn suchen.

Jan Muche: Ehrlich gesagt: sehr. Die Betrachter suchen immer nach Sinn, anstatt einfach mal nur zu gucken.

Manchmal schreiben Journalisten über Sie, Sie seien ein "Verwerter des visuellen Abfalls der Moderne." Gefällt Ihnen der Titel, der ja übersetzt eigentlich auch Müllsammler bedeutet?

Jan Muche: Das stört mich gar nicht, ist doch ein einprägsamer Begriff. Sie können mir ja mal die Adresse von dem geben, der das geschrieben hat. Ich fahr dann bei ihm vorbei und kläre die Sache.

Es könnte eine längere Fahrt werden. Sie kommen aus der Provinz von Ostwestfalen, wohnen jetzt in Berlin. Was hat die Provinz mit Ihrer Kunst gemacht und wie hat die Stadt sie verändert?

Jan Muche: In Ostwestfalen sagt man ja nicht "Da komm ich her", sondern "Da komm ich weg". Das scheint mir ausschlaggebend zu sei für diese Region. Ich kenne eine Menge Leute, die da weggehen mussten, um mit ihrer Kunst Anschluss ans Geschehen zu finden. Das prägt.

Man sieht in ihren Bildern Slogans, fühlt sich an alte Plakatkunst erinnert; sind Sie ein politischer Typ und sind Sie auch ein politischer Maler?

Jan Muche: Ich bin bestimmt ein politischer Mensch, aber noch lange kein politischer Künstler. Ich finde, dass politische Kunst zu schnell etwas sehr Klugscheißerisches bekommt. Auch der Betrachter hält sich meiner Meinung nach zu oft nach dem Besuch einer Ausstellung als Teil eines politischen Diskurses. Das langweilt doch nur.

Mittlerweile sind Ihre Bilder weltweit zu sehen und steigen im Preis. Wundert man sich als Künstler, wenn Bilder, die sich doch eigentlich nicht verändern, teurer werden?

Jan Muche: Ich kriege von dem ganzen Kunsthandel ja gar nichts mit, und das ist mir auch nicht so wichtig. So lange ich meine Miete bezahlen kann, ist alles gut. Wer weiß schon was morgen ist...

Aber es gibt doch bestimmt so etwas wie einen "schönsten Künstlermoment"?

Jan Muche: Der schönste Moment für mich als Künstler ist eigentlich immer der, wenn ein Bild fertig ist, und man die Mühen, die es gebraucht hat, um es herzustellen, nicht sieht.

Jetzt müssen Sie aber auch vom schlechtesten Moment berichten...

Jan Muche: Herr Peters, wir sind hier im Showgeschäft. Den schlechtesten Moment, den verrate ich hier nicht.

(jco)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort