Deutsche Bank in der Bredouille Städte wollen Millionen zurück

Düsseldorf (RP). Die berüchtigten Zinswetten der Deutschen Bank, mit denen Hunderte von Unternehmen und Kommunen etliche Millionen verzockt haben, werden für die Bank zum Bumerang. Die Opfer klagen und bekommen meistens Recht.

 Die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft interessiert sich für Vertriebspraktiken der Deutschen Bank.

Die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft interessiert sich für Vertriebspraktiken der Deutschen Bank.

Foto: ddp

Wenn man die EM-Fußball-Sprache auf das Rechtswesen überträgt, wird das Drama deutlich: Fünf zu eins gegen die Deutsche Bank. Ein Oberlandes- und fünf Landgerichte haben im Streit der Bank mit ihren Zinswett-Kunden inzwischen geurteilt. Das Institut wurde fünfmal zu Schadenersatz verurteilt. Lediglich das Landgericht Magdeburg hat eine Klage abgewiesen. Dieser Kläger geht in Revision. Vor einem Oberlandgericht, das die Bank in einem ähnlichen Fall bereits verurteilt hat.

Wie berichtet, hat die Deutsche Bank zwischen Ende 2004 und Herbst 2005 Hunderten von Unternehmen und Kommunen so genannte "Spread-ladder-swaps" verkauft: Hoch riskante und extrem komplizierte Zinswetten, bei denen die Käufer auf bestimmte Entwicklungen an den weltweiten Finanzmärkten spekulieren.

Kreditaufnahme zur Schuldentilgung

Die wenigsten mit Erfolg: Hagen setzte 51 Millionen Euro in den Sand, Neuss etwa 16 Millionen, Solingen 1,5 Millionen. Die Stadt Remscheid, die ein ähnliches Produkt über die WestLB erworben hat, musste einen Kredit aufnehmen, um die Wettschulden in Höhe von 12,7 Millionen zu begleichen.

Für die Zinsen zahlt sie jährlich 500.000 Euro. "Bundesweit sind 200 Kommunen und 500 mittelständische Unternehmen betroffen", sagt Jochen Weck von der Münchener Sozietät Rösner, die zehn wettfreudige Kommunen und 50 Unternehmen vertritt. Der Frankfurter Rechtsanwalt Klaus Nieding, der in derselben Sache 60 Mandanten berät, fordert für diese von der Bank 160 Millionen Euro zurück. "Die Gerichte bestätigen unsere Auffassung ja immer öfter", sagt Nieding, "die Rechtslage wird langsam eindeutig."

In dem ersten Zinswett-Fall, der ab übermorgen vor dem Düsseldorfer Landgericht verhandelt wird, fordert eine Langenfelder Firma von der Deutschen Bank 600.000 Euro zurück. "Wir sind sehr zuversichtlich", sagt auch Roland Simon von der Düsseldorfer Sozietät Simon und Partner, die das Unternehmen vertritt: "Die Deutsche Bank hat irreführendes Informationsmaterial eingesetzt."

Interessenskonflikt vorgeworfen

Außerdem werfen die Kläger der Deutschen Bank einen Interessenskonflikt vor: Einerseits sei sie - teilweise sogar gegen Honorar - als Berater aufgetreten. Andererseits als Verkäufer eines Produktes, an dem sie selbst verdient. Simon, Nieding und Weck gehen mit einer zunehmenden Anzahl von Gerichten davon aus, dass die Deutsche Bank auf diesen Interessenskonflikt nicht ausreichend hingewiesen hat.

Deshalb sagt Ernst Schneider, Kämmerer der Stadt Solingen, auch ganz unumwunden: "Wir haben das Produkt, das die Deutsche Bank uns da verkauft hat, selbst nicht verstanden." Deshalb habe man ja zusätzlich einen Beratervertrag mit der Bank abgeschlossen. Schneider: "Ohne deren Zuraten hätten wir diese Wettprodukte nicht gekauft."

Weiter werfen einige Kläger der Bank das einseitige Kündigungsrecht vor, das sie sich im Falle einer für sie ungünstigen Zinsentwicklung vorbehalten hat. Simon: "Das war sittenwidrig." Und schließlich formulieren einige Kläger den Vorwurf der Unverhältnismäßigkeit. Simon etwa vertritt ein Unternehmen, das rund 400.000 Euro Gewinn im Jahr macht. Diesem Unternehmen habe die Bank eine Zinswette mit einem Nennbetrag von zehn Millionen Euro verkauft, woraus dem Unternehmen ein Millionenschaden entstand. Simon: "Schon wegen dieser Relation hätte die Bank abraten müssen."

Deutsche Bank zahlt lieber außergerichtlich

Zwar gehen viele betroffene Unternehmen und Kommunen juristisch gegen die Bank vor. Aber die wenigsten Fälle landen vor Gericht. Ein Insider meint: "Die Deutsche Bank will das Thema nicht öffentlich breittreten und zahlt lieber außergerichtlich." Der Grund liege auf der Hand: Die meisten Ansprüche auf Schadenersatz verjähren innerhalb der nächsten Monate. "Jeder Prozess weckt schlafende Hunde", so der Insider, "die Bank will sich über die Zeit retten."

Die Deutsche Bank wollte die Zahl der außergerichtlichen Einigungen gestern auf Anfrage nicht nennen. Die Anzahl der aktuell laufenden Klagen bezifferte sie auf über 20. Den Vorwurf der mangelnden Beratung lehnt sie ab: "Wir haben stets umfangreich beraten und ausführlich auf alle Risiken hingewiesen", so ein Sprecher.

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