Deutschlands größter Baukonzern Real-Madrid-Präsident greift nach Hochtief

Madrid/Essen (RPO). Deutschlands größter Baukonzern Hochtief könnte schon bald in spanischer Hand sein. Das Madrider Bauunternehmen ACS kündigte am Donnerstag ein Übernahmeangebot für den 1873 gegründeten Essener Konkurrenten an. Entscheidende Figur hinter der Offerte ist ACS-Chef Florentino Perez, der in der Öffentlichkeit vor allem als Präsident des Fußballklubs Real Madrid bekannt ist.

 Real Madrids Präsident Florentino Perez will Hochtief übernehmen.

Real Madrids Präsident Florentino Perez will Hochtief übernehmen.

Foto: AFP, AFP

Die Spanier bieten allerdings kein Geld für den deutschen Konkurrenten, sondern acht eigene Aktien für jeweils fünf Hochtief-Papiere.

Eine ACS-Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires, der Konzern strebe eine Beteiligung von etwas mehr als 50 Prozent an, um Hochtief in der Bilanz konsolidieren zu können. Wenn das vorgelegte Angebot dafür nicht ausreiche, werde man Aktien auf dem Markt dazukaufen. Die Sprecherin betonte, ein Beherrschungsvertrag sei nicht vorgesehen. Es handele sich auch nicht um ein feindliches Übernahmeangebot.

Der deutsche Baukonzern wurde von der Offerte offenbar überrascht. "Der Vorstand prüft gegenwärtig die Sachlage und wird zu gegebenem Zeitpunkt eine Erklärung mit einer Empfehlung an die Aktionäre von Hochtief abgeben", teilte Hochtief am Nachmittag mit.

2007 Retter vor einer möglichen Zerschlagung

ACS ist schon jetzt der größte Aktionär von Hochtief und hält knapp 30 Prozent der Aktien des Unternehmens. Der Konzern hatte 2007 für rund 1,3 Milliarden Euro ein 25-Prozent-Paket an dem Baukonzern erworben und seine Beteiligung danach noch weiter aufgestockt. Damals galten die Spanier als Retter vor einer möglichen Zerschlagung von Hochtief durch Finanzinvestoren.

Eine Übernahme von Hochtief ist nach Einschätzung von Madrider Marktkennern für den spanischen Konzern gleich aus mehreren Gründen attraktiv. "Für ACS könnte die Übernahme die Abhängigkeit vom geschwächten heimischen Markt reduzieren und eine solide finanzielle Struktur schaffen", betonte Juan Jose Figares vom Madrider Unternehmen Link Securities.

ACS profitierte in der Vergangenheit als Baukonzern von großen öffentlichen Aufträgen in Spanien. Dennoch versucht der Bauriese seit längerem, sich vom maroden heimischen Baumarkt abzunabeln - nicht zuletzt durch Zukäufe im Ausland. Inzwischen verdient ACS mehr Geld mit Dienstleistungen und erneuerbaren Energien als mit klassischen Bauleistungen.

Börse enttäuscht über ACS-Offerte

Hochtief würde hier gut ins Konzept passen. Denn auch die Essener sind längst mehr als ein Baukonzern. Zwar sind große Bauprojekte wie die Elbphilharmonie nach wie vor ein wichtiges Standbein des Konzerns. Doch das Unternehmen betreibt auch Flughäfen, baut Kohle und Erze ab oder managt Maut-Autobahnen und Schulen.

Die wichtigsten Märkte von Hochtief liegen längst in den Wachstumsregionen Asien und Australien, wo das Unternehmen zuletzt mehr als zwei Drittel seines Ergebnisses erwirtschaftete. Der deutsche Heimatmarkt spielt dagegen nur noch eine untergeordnete Rolle für den Konzern.

An der Börse sorgte die Offerte jedoch zunächst für wenig Begeisterung. "Das ist eine ziemliche Enttäuschung", sagte ein Marktteilnehmer. Es entspreche noch nicht einmal dem Wert der gewinnstarken australischen Hochtief-Tochter Leighton. ACS selbst erklärte in einer Mitteilung an die Spanische Börsenaufsicht, das geplante Angebot orientiere sich am Durchschnittskurs der Aktien beider Unternehmen in den vergangenen drei Monaten.

Selbst wenn nur wenige Aktionäre auf das eher karg ausgestaltete freiwillige Übernahmeangebot für Hochtief eingehen, dürfte die Offerte für den spanischen Konzern durchaus Sinn machen. Wenn er damit erwartungsgemäß die 30-Prozent-Schwelle überschreitet, ist er danach von einem Pflichtangebot an alle Aktionäre befreit und kann in Ruhe die benötigten Aktien an der Börse zukaufen.

Hochtief gilt seit langem als übernahmegefährdet, da gut 65 Prozent der Aktien im Streubesitz sind. Der Konzern beschäftigt weltweit mehr als 66.000 Mitarbeiter, gut 11.000 davon in Deutschland. Nur noch jede dritte Aktie des Konzerns gehört deutschen Aktionären.

Im vergangenen Jahr erzielte der Bauriese bei einem Umatz von gut 18 Milliarden Euro einen Konzerngewinn von 195 Millionen Euro. Zum Vergleich: ACS kam bei einem Umsatz von 15,6 Milliarden Euro auf ein Nettoergebnis von knapp 2 Milliarden Euro. Allerdings stammte die Hälfte dieser Summe aus Einmalerträgen aus Beteiligungsverkäufen.

(apd/csr)
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