Baukonzern ACS Spanier wollen Hochtief komplett übernehmen

Madrid (RPO). Hochtief gilt seit Jahren als attraktives Übernahmeziel. Was lange in der Luft lag, wurde am Donnerstag Wirklichkeit. Der spanische Bauriese ACS (Actividades de Construccion y Servicios) kündigte ein Übernahmeangebot für Hochtief an.

Die Spanier sind schon heute größter Aktionär des Essener Konzerns. 2007 hatten sie für damals rund 1,3 Milliarden Euro das 25-Prozent-Paket der Münchner Beteiligungsgesellschaft Custodia des Milliardärs August von Finck an Hochtief übernommen und den Anteil später auf knapp 30 Prozent aufgestockt. Damals galten die Spanier als Retter: Die Angst ging um, dass Finanzinvestoren die Kontrolle bei Hochtief erlangen und den Konzern zerschlagen könnten.

ACS hatte danach Pläne für eine Komplettübernahme des Essener Konkurrenten immer wieder dementiert. Jetzt haben die Spanier ihre Meinung offenbar geändert. Tatsächlich passt der 1873 gegründete Essener Baukonzern gut in das Konzept des spanischen Bauriesen, der seit längerem versucht, sich vom maroden heimischen Baumarkt abzunabeln - nicht zuletzt durch Zukäufe im Ausland. Längst verdient ACS mehr Geld mit Dienstleistungen und erneuerbaren Energien als mit klassischen Bauleistungen.

Das erinnert durchaus an Hochtief, nur dass die Deutschen auf diesem Weg längst weiter sind. Denn auch die Essener sind mehr als ein Baukonzern. Zwar sind große Projekte wie die Errichtung des acht Kilometer langen und 1,3 Milliarden Euro teueren Einkaufs- und Geschäftszentrums Barwa Commercial Avenue im arabischen Doha nach wie vor ein wichtiges Standbein des Konzerns. Doch das Unternehmen betreibt auch Flughäfen, baut Kohle und Erze ab oder managt Mautautobahnen und Schulen.

Die wichtigsten Märkte von Hochtief liegen längst in den Wachstumsregionen Asien und Australien, wo das Unternehmen zuletzt mehr als zwei Drittel seines Ergebnisses erwirtschaftete. Der deutsche Heimatmarkt spielt dagegen nur noch eine untergeordnete Rolle für den Konzern. Gerade eimal 10 Prozent der Auftragseingänge stammen heute noch aus der Bundesrepublik. Nur 11.000 der 66.000 Beschäftigen arbeiten noch hier.

Hochtief aus mehreren Gründen attraktiv

Die Wirtschaftskrise überstand der Essener Bauriese wohl auch deshalb fast ohne Blessuren. In seinem jüngsten Quartalsbericht meldete das Unternehmen dank mehrerer Großaufträge aus Asien und Australien den größten Auftragsbestand der Firmengeschichte. Insgesamt hat der Konzern inzwischen Verträge mit einem Gesamtvolumen von 42,5 Milliarden Euro in seinen Büchern. Rein rechnerisch reicht das, um das Unternehmen zwei Jahre lang auszulasten.

Das alles macht Hochtief für eine Übernahme attraktiv. Doch gibt es auch noch einen anderen Aspekt, der Begehrlichkeiten wecken könnte. Die Hochtief-Tochterunternehmen wie Leighton in Australien oder Turner in den USA sind so groß und unabhängig, dass ihr Verkauf jedem neuen Konzerneigentümer die Möglichkeit bietet, bei Bedarf die eigenen Kassen zu füllen. Gerne wurde in der Vergangenheit in den Medien immer wieder vorgerechnet, dass allein die Hochtief-Mehrheitsbeteiligung an der australischen Ertragsperle Leighton soviel wert sei wie ganz Hochtief an der Börse.

(AFP/felt)
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