Experten sehen großen Absatzmarkt Leckere Marktlücke: Eis von glücklichen Kamelen

Nanyuki (rpo). Am Fuße des Mount Kenya hat sich Holger Marbach sein persönliches Paradies eingerichtet. Den schneebedeckten Berggipfel im Blick betreibt der 42-jährige Deutsche seit einem Jahr mitten in Kenia ein Unternehmen der exotischen Art: Er führt eine Molkerei - für Kamelmilch. Die daraus weiterverarbeitete Eiscreme und Joghurt sind schon ein Verkaufsrenner.

Auf Fahrrädern karren die Kleinbauern ihre Milchkannen heran, aus denen Marbach dann Köstlichkeiten wie Kardamom-Zimt-Eis, Honig-Dattel-Eis oder Ananas-Joghurt zaubert. "Das Kamel ist die Zukunft der Leute hier", sagte der studierte Tropenlandwirt, und viele Experten geben ihm da Recht.

Rund um Nanyuki, einem Ort direkt am Äquator, weiden die Kamele, umgeben von Zebras und Gazellen. In einem improvisierten Gehege mühen sich die Hüter mit dem Melken der Kamelkühe ab. Einer bindet ihnen die Beine zusammen, zwei befreien das Euter vom Staub, während ein vierter den Eimer hält. Kamelmilch zu gewinnen, ist keine einfache Angelegenheit, und teuer noch dazu. "Wir haben umgerechnet 294.000 Euro investiert, um die Züchter auszubilden und am Ende echte Qualitätsmilch zu bekommen", berichtet der Tropenlandwirt Marbach. "Transport, Hygienemaßnahmen und die Pasteurisierung - das kostet."

Dafür kann der Milchwirt allerdings auch mit Top-Produkten aufwarten. "Dieser Joghurt ist einfach köstlich", schwärmt Kishan Barot, der in seinem Bioladen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi auch Marbachs Joghurtbecher und Milchtüten mit dem Kamellogo vertreibt. Das bekämen allmählich auch seine Kunden mit, erzählt er. "Am Anfang haben wir vielleicht zwei Produkte in der Woche verkauft, inzwischen sind wir schon bei 30." Das Problem sei vor allem eine Imagefrage: "Bei Kamelen denkt doch jeder erst mal: Pfui Teufel, dreckige Tiere!". Dabei sei Kamelmilch besonders gesund.

Das bestätigt auch Anthony Bennett von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO). "Kamelmilch hat dreimal so viel Vitamin C wie Kuhmilch, und sie enthält viel Eisen und Vitamin B", sagt er. Auch für Diabetiker und Allergiker sei sie eine Alternative, ergänzt Marbach, der mit seinen Produkten gerne den europäischen Markt erobern würde. "Wegen der Einfuhrbestimmungen ist es allerdings schwierig, überhaupt dort hineinzukommen", sagt er. Bisher setzt er seine Eiscremes und Joghurts ausschließlich in Kenia ab. Im Gespräch ist er allerdings schon mit einigen Luftfahrtgesellschaften, die seine Produkte in die arabische Welt bringen könnten.

Für die Bauern rund um Nanyuki ist die Molkerei des Deutschen schon jetzt ein Gewinn. "Wir waren schon so weit, dass wir unsere Kamele verkaufen wollten", berichtet Lance Tomlinson, der mit 200 Kamelen immerhin zu den Großbauern der Umgebung gehört. "Es hat einfach nichts eingebracht. Jetzt, mit der Molkerei, werden wir unsere Herde noch vergrößern." Seit dem Start von Marbachs Vital Camel Milk stellte er bereits vier neue Hüter ein.

Weiteres Wachstum ist vorprogrammiert, das Absatzpotenzial ist riesig. Bislang wagt sich vor allem die somalische Gemeinde in Kenia an die Kameljoghurts, denn in Somalia gibt es so viele Kamele wie nirgends sonst in der Welt. Die Milch wird dort traditionell zur Alltagsdroge Khat getrunken. Anthony Bennett von der FAO schätzt den Absatzmarkt weltweit auf zehn Milliarden Dollar (rund acht Milliarden Euro). Für die Menschen in Kenia liege in der Kamelmilch eine große Chance, glaubt Afrika-Fan Marbach. "Bei all den Trockenzeiten, die es in Kenia immer wieder gibt, ist die Aufzucht von Kühen viel zu risikoreich. Kamele sind widerstandsfähiger, und sie können ein regelmäßiges Einkommen garantieren."

(afp)
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