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Fragen und Antworten Die griechische Tragödie

(RP). Das Finanz-Dilemma Athens wird zur größten Bewährungsprobe der Europäischen Union. Weitere Milliardenhilfen sind unvermeidbar. Die Griechen leben deutlich über ihre Verhältnissen. Die Tragödie entwickelt sich zum europäischen Drama. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Der Fahrplan zur Rettung Griechenlands
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Foto: AP

Wie sieht das Rettungspaket aus? Internationaler Währungsfonds (IWF) und die Euro-Länder unterstützen Griechenland zunächst mit einem Notkredit von 45 Milliarden Euro. 30 Milliarden Euro übernehmen die Euro-Länder, der IWF bringt 15 Milliarden ein. Deutschland bürgt für Kredite in Höhe von 8,4 Milliarden Euro. Die Hilfen sollen bis 2012 auf bis zu 135 Milliarden Euro steigen, heißt es nun.

Reicht das Rettungspaket? Wahrscheinlich nicht. Griechenland kann sich am Finanzmarkt kein Geld besorgen. Die Regierung rechnet daher schon bald mit neuem Finanzbedarf. Der IWF hat bereits angekündigt, seine Hilfe aufzustocken.

Ist die Krise schlimmer als die Pleite der Bank Lehman-Brothers? Ja, sagen viele Experten. Der Grund: Ein EU-Land ist wichtiger als eine Investmentbank. Die Insolvenz Griechenlands würde die Globalisierung ins Stocken bringen. Verwerfungen an den Börsen, ein strudelnder Euro und der drohende Zusammenbruch des EU-Wirtschaftsraums wären eine reale Gefahr.

Welches Land ist als nächstes bedroht? Portugal und Spanien stehen im Visier der Spekulanten. Die Ratingagentur Standard & Poor´s stufte die Kreditwürdigkeit beider Länder herab. In Finanzkreisen gelten auch Großbritannien, Italien und Irland als gefährdet.

Sind Anleger betroffen? Wer in griechische Anleihen investiert hat, steht vor Verlusten. In Renten- und Indexfonds ist der Anteil griechischer Staatsanleihen meist nur gering.

Steigt die Neuverschuldung? Zunächst nicht. Der Notkredit soll über die Staatsbank KfW gestellt werden, also den Bund. Erst wenn Athen die Kredite nicht mehr zurückzahlen kann, würde der Bundeshaushalt und damit der Steuerzahler belastet.

Wie beteiligen sich die Banken? Bis jetzt nur über Griechenland-Papiere in ihren Büchern. Politiker fordern nun eine Umschuldung, einen Verzicht der Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen. Kanzlerin Merkel lehnt das ab, weil sie verhindern will, dass die Banken nach der Finanzkrise erneut Verluste schultern müssen und eine Kreditklemme eintritt. Experten sehen das anders. "Die Staatsschulden müssen drastisch sinken", heißt es in einer Analyse der renommierten Vermögensberatung Flossbach & von Storch. "Griechenland braucht deshalb eine Restrukturierung seiner Schulden." Die Kölner Experten schlagen eine Kürzung der Forderungen von 50 Prozent vor.

Wie tief stecken die Banken im Griechenland-Sog? Mehr als 30 Milliarden Euro haben deutsche Banken, Pensionskassen und Versicherer an Griechenland geliehen, die drittgrößte Gläubigergruppe.

Was muss Griechenland tun? Sparen. Experten des IWF durchkämmen derzeit die Haushaltsbücher in Athen, um Maßnahmen ausfindig zu machen. Die Kredite sind an Sparauflagen geknüpft.

Leben die Griechen im Luxus? Teilweise schon. Beispiele: Alleinerziehende Mütter können nach 15 Beitragsjahren in Rente gehen, also auch schon mit 35 Jahren. Es gibt geschätzt 90.000 "tote" Rentner. Das sind Kinder, die die Rente ihrer verstorbenen Eltern weiterbeziehen. Gehälter im öffentlichen Dienst werden durch "fiktive Überstunden" um ein Vielfaches aufgebläht.

Kann Griechenland die EU verlassen? Ja, aber nur freiwillig. Daran hat das Land kein Interesse. Die Vorteile der EU — stabile Währung, liberalisierter Handel — überwiegen. Griechenland müsste die Drachme wieder einführen und abwerten. Das würde der Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, aber der Euro geriete massiv unter Druck.

Gibt es Kritik am Krisenmanagement? Ja, einige EU-Länder werfen Kanzlerin Merkel eine Verzögerungstaktik vor, die eine Rettung nur teurer gemacht habe.

(RP)
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