Karlsruhe BGH verbietet Import von Billig-Krebsmedikament

Karlsruhe · Apotheker können wegen Betrugs bestraft werden, wenn sie statt des Medikaments, das der Arzt verordnet hat, eine billigere Version aus dem Ausland verwenden. Das entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH) und hob den Freispruch für einen Apotheker aus Bayern auf (Az. 1 StR 534/11).

Der angeklagte Apotheker hatte in seinem Labor auf Rezept eine Infusionslösung zur Behandlung von Krebspatienten hergestellt. Dazu verwendete er die Arznei Gemzar, ein Pulver, das er mit einer Kochsalzlösung verflüssigte. Vorgeworfen wird ihm, dass er dabei nicht die in Deutschland zugelassene Variante von Gemzar erwarb, sondern das Pulver im Ausland einkaufte. Das war deutlich günstiger, aber mit dieser Verpackung und diesem Etikett nicht in Deutschland zugelassen. Zudem stellte der Apotheker den Krankenkassen den hohen deutschen Preis in Rechnung, so sparte er 58 500 Euro.

Das Landgericht München sah darin kein Problem und hatte den Apotheker freigesprochen. Dieser habe ja kein Fertigarzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr gebracht, sondern ein in seiner Apotheke hergestelltes und damit zulassungsfreies Medikament. Somit habe der Apotheker nicht gegen die Zulassungspflicht verstoßen. Auch bestehe keine Pflicht zur Offenlegung seiner Einkaufspreise. Das betonte auch der Verteidiger: Ein Apotheker sei auch ein Kaufmann; er müsse günstige Einkaufspreise nicht an den Kunden weitergeben.

Das sah der BGH anders. Er hob den Freispruch nun auf. Ein zulassungspflichtiges Medikament bleibe zulassungspflichtig, auch wenn man eine Injektionslösung daraus mache. Der Kunde dürfe davon ausgehen, dass er eine zugelassene Arznei bekomme, wenn er in die Apotheke gehe. Sei das dann nicht so, täusche der Apotheker den Patienten. Mehr noch: Wegen der Abrechnung des vollen Preises käme auch eine Bestrafung wegen Betrugs in Betracht. Nach Angaben des BGH hat die Entscheidung Auswirkungen auf eine Vielzahl vergleichbarer Fälle. Allein 30 Fälle seien bundesweit anhängig.

Das Urteil schränkt nach Einschätzungen von Apothekern aber nicht den so genannten "zulassungsüberschreitenden Einsatz" von Medikamenten (off-label-use) ein. Davon spricht man, wenn ein Arzt ein Medikament für eine andere Indikation verschreibt, als es zugelassen ist. So erhalten etwa krebskranke Kinder oft Medikamente, die nur für Erwachsene zugelassen sind, weil die Pharmahersteller die teuren Studien zur Zulassung für die Behandlung von Kindern scheuen.

(RP)
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