"Kleines Fahrrad" ganz groß Entdeckung der WM: Valbuena begeistert Frankreich
Brasilia · Mathieu Valbuena ist eine der Entdeckungen im französischen WM-Team. Dabei ist der kleine Flügelflitzer schon 29 Jahre alt.
Das Urteil der Verantwortlichen bei Girondins Bordeaux war eindeutig: zu klein, zu eigensinnig. Für Mathieu Valbuena, damals 17 Jahre jung, war kein Platz mehr beim französischen Traditionsklub.
Zwölf Jahre später trumpft "das kleine Fahrrad" (petit velo), so sein Spitzname, ganz groß auf. Bei der Fußball-WM soll der Flügelflitzer die Equipe Tricolore am Montag in Brasilia gegen Nigeria ins Viertelfinale und damit zu einem möglichen Duell gegen Deutschland führen.
Karriere stand auf der Kippe
"Ich hätte nie gedacht, dass ich noch mal eine Weltmeisterschaft spielen kann. Aber ich habe immer alles dafür getan, dass ich noch mal eine Chance bekomme. Und ich bin froh, dass sie mir gewährt wurde", sagte der Mittelfeldspieler von Olympique Marseille. Mit seinen erfrischenden Auftritten in der Vorrunde hat Valbuena sogar den Ausfall des verletzten Topstars Franck Ribery vergessen gemacht.
Dabei stand seine Karriere auf der Kippe. Nach dem Aus in Bordeaux spielte Valbuena nur noch in der fünften französischen Liga und arbeitete als Verkäufer in einem Sportgeschäft. Doch der heute 29-Jährige kämpfte sich wieder zurück. "So schnell gebe ich eben nicht auf", sagte Valbuena in Erinnerung an diese für ihn schwere Zeit.
Der ehemalige Kaiserslauterer und Wolfsburger Trainer Eric Gerets schenkte "dem kleinen Kraftpaket" in Marseille das Vertrauen. Valbuena war doch noch auf der großen Fußball-Bühne angekommen und hält den Südfranzosen seither die Treue: "Ich habe Verantwortung verspürt und das Vertrauen meiner Mitspieler. Das hat alles verändert. Die Rückschläge haben mich geprägt. Ich weiß nicht, ob ich heute hier wäre, wenn alles immer wie am Schnürchen gelaufen wäre."
Valbuena musste Geduld beweisen
Mit Marseille gewann Valbuena 2010 unter dem heutigen Nationaltrainer Didier Deschamps die Meisterschaft, in der Equipe Tricolore spielte er lange Zeit aber nur eine Nebenrolle. Ein Kurzeinsatz bei der WM 2010, keine einzige Spielminute bei der EM 2012 - Valbuena musste Geduld beweisen.
Deschamps setzt aber auf den nur 1,67 m großen Dribbelkünstler. Er sei schon in den vergangenen zwei Jahren sehr wichtig gewesen. Mathieu sei unverzichtbar, lautet Deschamps' Urteil. Gegen Honduras (3:0) und die Schweiz (5:2) stellte Valbuena sein Können eindrucksvoll unter Beweis, bei der Nullnummer gegen Ecuador wurde er geschont und seine Geniestreiche vermisst. In den französischen Medien gilt er "als Motor des Teams".
Valbuena gibt sich trotz des Lobes von allen Seiten bescheiden. Es sei die Qualität der Mannschaft, stellte er klar, weswegen er sich so gut fühle. Das war in der abgelaufenen Saison nicht immer so. Seine Leistungen in Marseille waren schwankend. "Ich habe viele Spiele gemacht, die nicht sonderlich gut waren und bin dafür zu recht kritisiert worden", sagte Valbuena.
Doch beim Saisonhöhepunkt hat er sein Top-Niveau erreicht. Dank Valbuena träumen die Franzosen sogar vom Titel. Davon will Valbuena aber (noch) nichts wissen: "Wir? Titelfavoriten? Na ja, ich weiß nicht", sagte er vor dem Spiel gegen Afrikameister Nigeria. Aber wenn "das kleine Fahrrad" weiter so zuverlässig fährt, scheint alles möglich.
