Naish ist "kein Party-Tier" Vom Wunderkind zum Windsurf-Idol

Köln/Hamburg · Als 1976 ein schmächtiger Junge bei den Weltmeisterschaften der Windsurfer am Strand der Bahamas aufkreuzte und selbstbewusst sein Board in die Brandung schleppte, schmunzelten die Zuschauer. Sie ahnten nicht, dass sie Zeitzeugen eines historischen Moments werden sollten. Der 13-jährige Robby Naish schnappte sich sensationell den Weltmeister-Titel und schrieb mit seinem Triumph Sportgeschichte. Format: Wunderkind.

 Robert Naish ist die Identifikationsfigur in seiner Sportart.

Robert Naish ist die Identifikationsfigur in seiner Sportart.

Foto: dpa, ebe hak

"Er war einen Kopf kleiner als wir und musste seine Arme über den Kopf strecken, um das Segel zu halten. Das war schon außergewöhnlich", erinnert sich Vize-Weltmeister Hermann Kreitmeir im Gespräch mit dem SID. Naish steigt auch 37 Jahre später noch jeden Tag auf sein Board — sogar an seinem 50. Geburtstag. "Ich hoffe, ich kann Windsurfen gehen und und danach mit meiner Familie und einigen Freunden zu Abend essen", sagte Naish dem SID: "Ich bin kein Party-Tier und trinke keinen Alkohol."

Trotz aller Erfolge bescheiden

24 WM-Titel sammelte der im kalifornischen La Jolla geborene Robert Staunton Naish in seiner Karriere. Sein Name gilt bis heute als Synonym für die Sportart, doch der Sonnyboy blieb trotz aller Erfolge bescheiden: "Ich hatte nie einen Manager, nie einen Trainer oder einen Fitnessmann."

Sein Markenzeichen wurde die Segelkennung US-1111, Flugnummer Naish. Der Mann revolutionierte das Windsurfen, zeigte radikale Manöver, die anfangs keiner außer ihm beherrschte: Sein spektakulärer "Table Top Pushloop", ein extrem verzögerter Salto bei vertikaler Segelstellung - ein bahnbrechender Trick. "Er hat die Coolness des Windsurfens verbreitet, surft immer radikal", sagte der deutsche Weltmeister Philip Köster (19) dem SID: "Ich setze mich immer noch gerne an den Strand und gucke ihm beim Surfen zu."

Familie Naish zog es früh von Kalifornien nach Hawaii, Vater Rick folgte als Rettungsschwimmer und Surfer den großen Wellen der berüchtigten Waimea Bay. Diese Leidenschaft übertrug sich auf den Sohn, Robby ist einer der wenigen Surfer mit Segel, die es mit Riesenwellen aufnehmen.

Naish wuchs mit seinen drei Geschwistern in eher bescheidenen Verhältnissen in Kailua im Nordosten der Insel Oahu auf. Bis zur vierten Klasse trug er fast nie Schuhe, sein Leben spielte sich am Strand ab: "Ich war auf Hawaii der einzige Junge mit einem Windsurfbrett. Die anderen dachten nur ans Wellenreiten."

Multi-Talent ist auch Multi-Millionär

Heute ist das Multi-Talent auch Multi-Millionär, dank des Erfolgs seiner Firma Naish Hawaii, die Material für das Wind- und Kitesurfen vertreibt. Der scheinbar ewig jung bleibende Naish und Frau Katie sind mittlerweile Großeltern. Wenn er sagt, "ich bin der glücklichste Mann auf der Welt", klingt das authentisch: "Ich habe keinen Grund für Depressionen."

In Europa, besonders beim Windsurf-Weltcup auf Sylt, erdrückten die Fans die Ikone fast bei den Regatten. Er mag die raue Nordsee, spricht fließend deutsch. In seinem kleinen Dorf auf Hawaii habe sich dagegen keiner um Windsurfen geschert, sagte er einmal: "Das war eine gute Balance, die wohl half, dass ich kein arroganter Idiot wurde."

Nebenher begann Naish auch mit dem Kitesurfen, wurde als einer der Pioniere standesgemäß dreimaliger Weltmeister. Beim Windsurfen konnte ihm nur Björn Dunkerbeck die Stirn bieten. Der Niederländer gab dem Weggefährten von einst einen Geburtstagsgruß mit auf den Weg: "Rob, bleib auch in Zukunft ein harter Windsurfer, es wird Dich ewig jung halten, mein alter Freund."

(sid/are/seeg)
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