Frau Oberleutnant kämpft gegen Taliban

Die Essenerin Daniela Klix stand in Afghanistan als erster weiblicher Zugführer der Bundeswehr im Gefecht. Die Soldatin führte erfolgreich 30 Panzergrenadiere, die in der unruhigen Nord-Provinz Kundus in einen Hinterhalt der islamistischen Kämpfer geraten waren.

Über ein neues heftiges Feuergefecht zwischen deutschen Panzergrenadieren und Taliban-Kämpfern westlich der Provinzhauptstadt Kundus berichtet die offizielle Internet-Seite "www.deutschesheer.de". Das Besondere daran: Die Soldaten wurden im Nahkampf gegen die Islamisten von einem weiblichen Offizier geführt.

Die Einheit, der "Charlie-Zug", suchte auf einer Straße nahe dem örtlichen Polizeihauptquartier nach versteckten Sprengfallen. "Ich hatte zwei Gruppen zum Sweep (Minenräumen) eingesetzt, zwei Gruppen zur Flankensicherung, ich selbst war unmittelbar dahinter", berichtet Oberleutnant Daniela Klix. "Wir waren keine hundert Meter weit gekommen, da flogen die ersten Panzerfaustgranaten auf uns zu." Die 1979 geborene Essenerin stand damit als erster weiblicher Zugführer der Bundeswehr in einem realen Gefecht.

Die Soldatin löste ihre Männer zunächst vom Feind und griff ihn dann aus anderer Richtung wieder an. Über Stunden dauerte der Schusswechsel. Weitere Züge der 2. deutschen Infanteriekompanie, die im Feldlager Kundus stationiert ist, griffen ein; die Taliban flüchteten schließlich. Klix' Einheit hatte keine Verluste, zum Gegner macht die Bundeswehr keine Angaben. Der Kampf zu Fuß sei schwierig, "aber ich bin auch näher dran", kommentiert Daniela Klix nüchtern ihren gefährlichen Einsatz.

Die leidenschaftliche Sportlerin, die an der Bundeswehr-Uni in München studiert hat, gehört dem Panzergrenadierbataillon 122 in Oberviechtach (Oberpfalz) an. Seit April 2009 führt sie einen Panzergrenadierzug, der normalerweise mit Schützenpanzern "Marder" ausgerüstet ist. In Afghanistan wurden diese Soldaten allerdings abgesessen, also zu Fuß eingesetzt, um in dem unwegsamen Gebiet flexibler reagieren zu können. Sechs Monate hatte die Soldatin mit ihren Männern trainiert: "Mir war klar, dass ich die Masse der Zeit mit ihnen draußen sein würde. Wir hatten uns gedanklich auf die Gefahren durch improvisierte Sprengsätze und Feuergefechte mit den Aufständischen eingestellt."

Sie sei Soldatin und Offizier geworden, "weil ich einen Beruf wollte, in dem ich mit Menschen arbeiten und etwas für andere tun kann", sagt sie. Ihre Eltern und ihre Zwillingsschwester stünden hinter ihr, hätten aber speziell beim Reizwort "Afghanistan" große Sorge um sie gehabt. "Ich habe ihnen reinen Wein eingeschenkt, ihnen gesagt, auf was wir uns vorbereiten und einlassen, auch das Kämpfen."

Es sei zum Glück nicht nur um Gefechte mit den Taliban gegangen: "Es gab Situationen höchster Anspannung, aber auch Begegnungen mit den Menschen Afghanistans. Wir haben gemeinsam Tee getrunken, und ich habe der Bevölkerung erklärt, warum die Bundeswehr im Land ist." Offenbar gelang es ihr, Brücken zu den teils misstrauischen Einheimischen zu bauen: Bei einem weiteren Einsatz sei sie vorher gewarnt worden – ein Afghane zeigte ihr, wo die Taliban eine Bombe vergraben hatten. "Das gab uns die Motivation, weiterzumachen." Sie halte den Einsatz am Hindukusch für "gut und wichtig".

Die Bundeswehr wartete aus Sicherheitsgründen mit der Veröffentlichung, bis der Charlie-Zug und seine Führerin wieder in Deutschland waren. Zurück aus Kundus will Daniela Klix nun wieder Marathon laufen – im Oktober auf der historischen Strecke in Griechenland.

Weibliche Soldaten sind in Bundeswehr-Kampftruppen zwar immer noch eine Ausnahme, sie werden jedoch stetig zahlreicher und erreichen inzwischen Führungspositionen: Im September 2009 war Annika Kalkofen in Viereck (Brandenburg) als erste Frau im Heer zur Chefin einer Panzergrenadierkompanie ernannt worden. Seit März 2009 steuert Susanne Tewes beim Marinefliegergeschwader 5 in Kiel-Holtenau einen "Seaking"-Hubschrauber. Und bereits seit 2006 fliegt Ulrike Flender als schnellste Frau in der Luftwaffe einen "Tornado"-Jagdbomber.

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