Vorbild Großbritannien SPD: Bundestag soll Kanzlerin ins Verhör nehmen

Berlin · Neue Formate für unterschiedlich wichtige Debatten und eine regelmäßige Fragestunde nach britischem Vorbild, in der sich der Regierungschef unvorbereitet den bohrenden Fragen der Abgeordneten stellen muss. Das sind die Kernpunkte einer Parlamentsreform, die die SPD nach den Bundestagswahlen auf den Weg bringen will.

 Thomas Oppermann stellt eine Parlamentsreform in Aussicht.

Thomas Oppermann stellt eine Parlamentsreform in Aussicht.

Foto: dpa, Tim Brakemeier

"Wir sollten im Bundestag ähnlich wie in Großbritannien die Minister direkt befragen können. Und alle sechs Wochen sollte sich auch der Regierungschef den Abgeordneten stellen", bestätigte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann unserer Redaktion.

Natürlich könne es dann nicht um spezifische Fachfragen gehen. "Aber vor dem Hintergrund seiner Richtlinienkompetenz muss der Kanzler seine Antworten auf aktuelle Fragen geben", erläuterte Oppermann.

Die SPD habe ein ähnliches Projekt bereits zu Beginn der laufenden Legislaturperiode geplant. "Aber Schwarz-Gelb wollte die Kanzlerin vor solchen Fragen schützen", berichtet der Parlamentsmanager. "Deshalb ist der Bundestag auch ein Stück langweiliger als andere Parlamente in Europa", kritisiert Oppermann. Die Sozialdemokraten würden jedenfalls einen Kanzler stellen, der in der Lage sein werde, "Fragen von Abgeordneten selbst und öffentlich zu beantworten".

Ausweg aus dem Dilemma

Gleichzeitig will die SPD einen Ausweg aus dem Dilemma finden, dass sich Debattentage bis in die Nachtstunden hinziehen und dann trotzdem Dutzende von Aussprachen nicht mehr stattfinden, sondern die Reden nur noch zu Protokoll gegeben werden. "Es muss gelingen, im Bundestag einen guten Mix zu finden", lautet Oppermanns Zielvorgabe.

Es gebe bedeutende Debatten, die eine große politische Relevanz für das Leben der Menschen hätten. Daneben gebe es Debatten zu Themen, die nicht alle Bürger interessierten. Dafür müssen andere Formate gefunden werden. Schließlich könnten im Plenum nicht alle Themen mit der gleichen Intensität debattiert werden.

Die Möglichkeiten seien bislang nicht gegeben. "Im Moment haben wir nur das Format der großen Debatte und machen zu wenig aus den mittleren und kleineren Debatten in anderen Foren wie etwa den Fachausschüssen", lautet der Befund der SPD. Das Angebot an öffentlicher Diskussion müsse besser sortiert werden, damit es für die Menschen mehr Beteiligung und Information bringe. Jedenfalls sei die SPD fest entschlossen, "gleich nach der nächsten Bundestagswahl eine neue Initiative zu ergreifen, um den Bundestag attraktiver zu machen", unterstreicht Oppermann.

(may-)
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