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Koalitionskrach wegen Griechenland Seehofer markiert den Euro-Rebell

München (RPO). Die Koalition zofft sich wegen der Griechenlandkrise. Vor allem FDP-Chef Philipp Rösler bekommt den Unmut der Kanzlerin und ihres Finanzministers zu spüren. Nur eine Koalitionsgröße hielt ihm demonstrativ die Stange: Horst Seehofer. Der CSU-Chef vertritt in seiner Griechen-Schelte sogar noch steilere Thesen als Rösler - und überrollt damit die eigene Partei.

Koalitionskrach wegen Griechenland: Seehofer markiert den Euro-Rebell
Foto: dpa, dpa

Sehhofer ist bekannt dafür, gerne auch mal ein wenig zu irrlichtern. Dabei verbindet sich sein Naturell mit seinem Amt als bayerischer Ministerpräsident. "Mia san mia" - das kann auch Seehofer von sich behaupten. Immer wieder muss er sich dem Vorwurf aussetzen, er agiere populistisch und rede zu Gunsten besserer Umfragewerte dem Volk nach dem Mund.

Beispiel gibt es reichlich. Seit dem Erfolg der Grünen in Baden-Württemberg geriert er sich wie ein zweiter Öko-Ministerpräsident, er trietzt Merkel konsequent mit Forderungen nach einer PKW-Maut, auch wenn der CSU-Verkehrsminister das schon längst relativiert hat, er fordert die Bundesregierung auf, nicht mehr von der Rente mit 69 zu reden, obwohl die das bisher nur in Form eines Dementis getan hat.

Den nächsten Pfeil hat Seehofer bereits im Köcher. Die bayerische Landesregierung arbeitet laut "Süddeutscher Zeitung" an einem eigenen Konzept für die Pflegereform. Den Plänen zufolge sollen die Leistungen für Behinderte, Demenzkranke und besonders schwere Pflegefälle künftig zusammengefasst und aus Steuermitteln finanziert werden, wie die Zeitung am Montag unter Berufung auf ein Arbeitspapier des Landessozialministeriums berichtete. Den Affront gegen Gesundheitsminister Daniel Bahr, das Nein von Finanzminister Wolfgang Schäuble zu den teuren Plänen, beides ist sicherlich schon unkalkuliert.

Auch beim Thema Griechenland vertritt Seehofer nun eine Position, die in Deutschland wie auch der Unionsfraktion populär ist: Er pocht in der EU-Schuldenkrise auf verstärkten Druck gegen die Griechen, notfalls müsse man die eben aus der Eurozone hinauskegeln.

Dass das rechtlich auf Basis der Europäischen Veträge gar nicht möglich ist, weil der Beitritt zum Euro mit dem schönen Wort "unwiderruflich"versiegelt ist, ficht Seehofer nicht an. Einen entsprechenden Hinweis aus dem Kanzleramt tat er mit der Bemerkung ab, man diskutiere jetzt "politisch und nicht juristisch." Die EU dürfe keine "Schulden-Union" werden. Deshalb müsse man sich als "Ultima Ratio" auch mit dem Gedanken auseinandersetzen, was geschehen solle, "wenn die Griechen das nicht schaffen".

Bei Fachleuten aus der Wirtschaft löst das nur noch Kopfschütteln aus. "Seehofer ist populistisch", urteilte der Ökonom Clemens Fuest, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des deutschen Finanzministeriums, im Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". Derartige Forderungen seien Augenwischerei.

Selbst die eigenen CSU-Leute versuchten Seehofer einzufangen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Berliner CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt stellten die Äußerungen ihres Parteichefs als Gerede bloß: die Forderung nach einem Zwangsausschluss eines Landes aus der Euro-Zone im Falle fehlenden Sparwillens sei unrealistisch.

Auch der Vorsitzende der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, sagte: "Die rechtliche Grundlage ist die, dass Griechenland nicht ausgeschlossen werden kann." Zwar sollte jedes Land, das sich mit Absicht und über viele Jahre hinweg nicht an die "Vereinsregeln" halte, von sich aus auf die gemeinsame Währung verzichten. "Aber es ist kein Rauswurf drin", fügte Ferber hinzu.

Dass Seehofer in der öffentlichen Urteil im Vergleich zu Rösler so wenig Kritik abbekommt, hat mehrere Gründe. Zum einen haben seine Forderungen nicht die Relevanz eines Bundeswirtschaftsministers und Vizekanzlers. Das sieht nicht nur das Umfeld Merkels so. Zum anderen hat sich die Öffentlichkeit schon ein wenig an den um sich schlagenden Ministzerpräsidenten gewöhnt.

Zuguterletzt hat Seehofer noch einen ganz profanen Anlass zur Nervosität. In Umfragen lag im CSU-Land Bayern zuletzt tatsächlich der Münchener SPD-Bürgermeister Christian Ude in der Gunst der Wähler vorne. Ende August sah das Forsa-Institut Seehofer bei nur noch 39 Prozent Zustimmung, Ude hingegen bei 42 Prozent.

(apd/pst)
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