Misshandlung Regierung will Kinder besser schützen

Berlin (rpo). Die Bundesregierung will Kinder zukünftig besser vor Misshandlung im Elternhaus schützen. Anlass ist der Tod der Kinder Tim und Jessica, die von ihren Eltern vernachlässigt und gequält wurden. Im Gespräch ist unter anderem eine Pflicht zu regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt.

"Der Staat muss von Anfang an dafür sorgen, dass auch Kinder wie Tim oder Jessica einen sicheren Hafen bekommen", sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) der "Welt am Sonntag".

Bisher kümmere sich der Staat nicht genügend um Kinder, die auf der Schattenseite des Lebens aufwüchsen. Das Deutsche Kinderhilfswerk sprach sich für eine gesetzliche Pflicht zur Vorsorgeuntersuchung beim Kinderarzt aus, um Misshandlungen wie im Fall Jessica zu verhindern.

Laut "WamS" sollen Frauenärzte und Beratungsstellen künftig Problemfamilien identifizieren und ihnen kostenlose Unterstützung anbieten. In einem Modellprojekt in Niedersachsen sollten vom nächsten Jahr an sozial und finanziell benachteiligte Eltern professionell begleitet werden - von der Schwangerschaft bis zur Einschulung des ersten Kindes. Geprüft werde, das Modell bundesweit einzuführen, berichtete das Blatt. Auf Bundesebene solle so schnell wie möglich ein Kompetenzzentrum entstehen, das gute Ansätze aus den Ländern - etwa soziale Frühwarnsysteme in Nordrhein-Westfalen - und aus den Kommunen verknüpfe.

Unverbindlicher Kontakt mit Beratungsstellen

Der Vizepräsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Joachim von Gottberg, forderte mehr Beratungsstellen, die beim Verdacht von Kindesmisshandlungen unverbindlich kontaktiert werden könnten. Derzeit seien vor allem Jugendämter die Anlaufstelle, das sei aber "gleich etwas sehr Offizielles" und schrecke daher ab, sagte er der in Hannover erscheinenden Tageszeitung "Neue Presse".

Des weiteren sollten Eltern verpflichtet werden, mit ihren Zöglingen in regelmäßigen Abständen zum Kinderarzt zu gehen. Ein Arzt merke, ob ein Kind unterernährt oder traumatisiert sei, er untersuche auch seine geistige und psychologische Entwicklung, sagte Gottberg.

Auch drei Viertel der Deutschen sprechen sich dafür aus, regelmäßige Besuche von Kindern beim Kinderarzt gesetzlich vorzuschreiben. Das ergab eine Umfrage von TNS Infratest im Auftrag des Hamburger Nachrichtenmagazins "Spiegel".

Am Freitag waren die Eltern der kleinen Jessica aus Hamburg zu lebenslanger Haft verurteilt worden, nachdem sie ihre Tochter hatten verhungern lassen. Der zweijährige Tim war im November in Elmshorn verschwunden. Den Ermittlungen zufolge wurde er vom Lebensgefährten seiner Mutter erschlagen.

(afp)
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