Schäuble Mit Maut-Daten auf Verbrecherjagd

Berlin (rpo). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die Maut-Daten zur Fahndung nach Terroristen und Schwerverbrechern nutzen. Die Aufklärung eines Mordes oder anderer schwerer Verbrechen sei wichtiger als der Datenschutz, so der Minister.

Der lange Weg zur Lkw-Maut
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"Wenn es um die Aufklärung eines Mordes geht, muss der Datenschutz zurückstehen", sagte Schäuble. Anlass ist ein Fall aus Baden-Württemberg, wo ein Lkw-Fahrer einen Parkwächter überfahren und tödlich verletzt hatte und dann über die Autobahn entkommen war.

Die Initiative zur Nutzung der Maut-Daten stieß bei der Linkspartei auf Kritik, bei der FDP auf Unverständnis. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, erklärte: "Der große Lauschangriff auf jede und jeden bekommt eine neue Dimension."

Der verkehrspolitische FDP-Fraktionssprecher Horst Friedrich erinnerte daran, dass bei der letzten Änderung des Maut-Gesetzes gerade die Union auf Beachtung des Datenschutzes bestanden habe. Außerdem sehe er technische Probleme: Während das jetzige Mautsystem nach einem Zufallsschlüssel nur zehn Prozent des Verkehrs kontrolliere, bedeute Schäubles Vorschlag im Extremfall eine 100-Prozent-Überwachung.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) warnte in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ/Montagausgabe) vor schwerwiegenden Einschränkungen von Freiheitsrechten. Ursprünglich seien die Maut-Stellen nur zur Abrechnung von Lkw-Autobahngebühren installiert worden. Jetzt sollten sie auch für die staatliche Datenerfassung benutzt werden können.

"Das bedeutet, die ursprünglichen Versprechen sind gebrochen worden", sagte der FDP-Politiker. Dennoch lehnte er die neu aufgekommenen Überlegungen nicht rundweg ab. Es müsse aber zunächst gründlich analysiert werden, was in dieser Hinsicht nötig sei. Die Weitergabe von Daten an Behörden der Strafverfolgung sei "allenfalls bei schwersten Straftaten hinnehmbar", betonte Wolf. Neuregelungen "dürfen nicht zu einem Orwell'schen Überwachungsstaat führen".

Der frühere Bundesdatenschützer Hans-Peter Bull (SPD) billigte das Vorhaben Schäubles. "Ich denke schon, dass eine Änderung des Mautgesetzes zulässig ist, die es erlaubt, nach gestohlenenen Wagen zu fahnden. Wenn Schwerverbrecher auf diese Weise gefasst werden können, ist das erst recht ein legitimer Zweck", sagte Bull der Berliner "tageszeitung".

Folterverbot als "rote Linie"

In der Beachtung des Folterverbots sieht Schäuble eine rote Linie, die der Rechtsstaat auch im Kampf gegen den Terrorismus nicht überschreiten darf. Dem "Spiegel" sagte Schäuble: "Das Folterverbot muss gelten." In Deutschland werde diese Linie nicht überschritten, "auch nicht augenzwinkernd". "Damit gäben wir alle unsere Werte auf, das wäre furchtbar."

Zu Berichten über Folterungen im US-Gefangenenlager in Guantanamo sagte Schäuble, er vertraue auf die Selbsteinsicht der Amerikaner. "Die USA haben schon oft bewiesen, dass sie Fehler erkennen und korrigieren", betonte der Innenminister.

Schäuble kündigte zudem eine baldige gesetzliche Regelung für mehr Befugnisse des Bundeskriminalamtes bei der Terrorismusbekämpfung an. Er verwies auf eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Zwar bleibe es in Sicherheitsfragen bei der vorrangigen Zuständigkeit der Länder. Es sei aber auch klar, dass bei der Terrorismusbekämpfung nicht alles dezentral geregelt sein könne.

(ap)
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