Ärztekammer Politik schuld an Benachteiligung von Kassenpatienten

Berlin (rpo). Die Ärztekammer hat eingeräumt, dass Privatpatienten häufig besser behandelt werden als gesetzlich Versicherte. Schuld daran seien jedoch nicht die Ärzte, sondern die Politik. Aufgrund der Budget-Regelungen bliebe den Medizinern häufig nichts anderes übrig, als weniger drigende Eingriffe bei Kassenpatienten zu verschieben.

"Es gibt eine Ungleichbehandlung, das stimmt. Aber das hat die Politik zu verantworten", sagte Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe am Wochenende. Wenn das vorgegebene Budget erschöpft sei, würden bei Kassenpatienten planbare Eingriffe eben verschoben. Inzwischen habe sich ein Rückstau gebildet, der zu Wartezeiten führe.

Hoppe betonte in der "Berliner Zeitung" zugleich, dass die Ärzte bei der eigentlichen Therapie keine Unterschiede zwischen Kassen- und Privatpatienten machen würden. Der Ärzte-Präsident warnte vor falschen Entscheidungen bei der geplanten Vereinheitlichung der Behandlungshonorare für Kassen- und Privatpatienten.

"Damit sollen offensichtlich die Mittel für die ärztliche Behandlung von Kassenpatienten noch weiter reduziert werden, da dann ja die Quersubventionierung durch Privatpatienten geringer ausfällt." Dabei sei der Bereich ambulante Behandlung schon heute total unterfinanziert. Die Ärzte müssten endlich für Leistungen gerecht entlohnt werden.

Kritik an Ulla Schmidt

Hoppe sagte, er hoffe, dass Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehre. "Die Ministerin sollte keinen Wind säen, sonst wird sie Sturm ernten."

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil stellte sich indes ausdrücklich hinter die Pläne von Gesundheitsministerin Schmidt, künftig für eine Gleichbehandlung von Privat- und Kassenpatienten zu sorgen. Der "Passauer Neuen Presse" sagte er, es könne in diesem Land nicht dauerhaft eine Zwei-Klassen-Medizin geben.

"Wir werden weiterhin eine private und eine gesetzliche Versicherung in Deutschland haben. Aber es kann nicht sein, dass es Menschen gibt, die weniger einzahlen als andere und bessere oder besser honorierte Leistungen bekommen." Der SPD-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Große Koalition auf eine Gesundheitsreform einigen wird.

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein warnte unterdessen vor einer Verschlechterung der Patientenversorgung, "sollte die völlig unzureichende finanzielle Ausstattung des ambulanten Sektors anhalten". Die Vertreterversammlung forderte am Wochenende in einer Resolution das Ende der Budgetierung und die Honorierung der Leistungen von Ärzten und Psychotherapeuten in festen Euro-Beträgen. Sollte die Bundesregierung an der Politik der Kostendämpfung festhalten, werde ein Praxissterben die Folge sein, hieß es.

Eine Umfrage des Online-Nachrichtendienstes facharzt.de ergab unterdessen, dass möglicherweise hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr geraten könnten, wenn die Arzthonorare für Privatpatienten sinken. Rund 88 Prozent der 1.542 befragten niedergelassenen Ärzte gaben demnach an, im Falle einer Absenkung der PKV-Honorare Personal zu entlassen

(ap)
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