Totalumbau der Bundeswehr Guttenbergs Prüfung

Berlin (RP). Karl-Theodor zu Guttenberg steht vor der gewaltigsten Herausforderung seiner Karriere: Wie schafft er, woran alle seine Vorgänger scheiterten – den Totalumbau von Truppe und Ministerium?

Das ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
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Berlin (RP). Karl-Theodor zu Guttenberg steht vor der gewaltigsten Herausforderung seiner Karriere: Wie schafft er, woran alle seine Vorgänger scheiterten — den Totalumbau von Truppe und Ministerium?

Gewiss, auch seine Vorgänger haben bedeutende Reformen auf den Weg gebracht. Aus zwei hochgerüsteten Kontrahenten — Volksarmee und Bundeswehr — die Armee der Einheit gestrickt und geschrumpft, sie für Einsätze fitgemacht und die Privatisierung hineingeimpft. Doch was Karl-Theodor zu Guttenberg jetzt schultern will, ist keine Reform. Es ist eine Revolution, die eigentlich nicht gelingen kann.

In einem Haus, in dem auch nach Jahren noch helle Aufregung darüber herrscht, dass ein Vorgänger Guttenbergs dem Generalinspekteur einmal einen winzigen Hauch mehr Einfluss auf Kosten der Inspekteure von Heer, Luftwaffe und Marine verschaffte, in diesem Haus will Guttenberg die drei Inspekteure gleich ganz rauswerfen. Man kann sich lebhaft vorstellen, welche Protest- und Beharrungskräfte ein solches System entfalten kann, das vor der eigenen Abschaffung steht.

Von 17 Abteilungsleitern sollen nur acht übrig bleiben. Bereiche, die sich selbst als Herzstücke des Ministeriums betrachten, sehen sich vor der vollständigen Vernichtung. Nur wenige Stunden dauerte es, bis die Ministerialen die ersten Geschütze in Stellung brachten: Was dort vorgeschlagen werde, seien klare Gesetzes-, ja Verfassungsverstöße.

Und dann das Bonn-Berlin-Gesetz! Will Guttenberg ernsthaft diesen heiligen Gral der Hauptstadtentscheidung antasten? Am Ende gar aus dem Weg räumen? Selbst der Vizekanzler schüttelte darüber am Dienstag den Kopf. "Das Bonn-Berlin-Gesetz gilt." (Punkt) "Die Aufgabenteilung hat sich bewährt." (Punkt) So der Bundesaußenminister Guido Westerwelle (Bonn).

Westerwelles glasklare Ansage erinnert indes an die ersten Reaktionen im Frühsommer, als Guttenberg im Ernst wagte, die Wehrpflicht in Frage zu stellen. Jeder halbwegs mit den Grundüberzeugungen Vertraute konnte über so viel scheinbare Naivität nur schmunzeln. Die Union! Die Wehrpflicht abschaffen! Guttenberg kam mit der Empfehlung der Kanzlerin aus der Koalitionsrunde heraus, so etwas nicht unabgestimmt vorzubringen, und wenn er es denn wirklich wolle, müsse er schon selbst die Mehrheiten dafür besorgen. Auch damals wurden die Kanonen in Stellung gebracht. Doch Guttenberg mobilisierte die Mehrheiten so schnell, dass dem Protest die Luft wegblieb. Weil die Zeit gekommen war, ohne dass es die Anhänger wahrhaben wollten.

Ist jetzt auch die Zeit für ein Ende des Bonn-Berlin-Gesetzes gekommen? Und nur der smarte Baron aus Bayern hat's gemerkt? Wenn es hart auf hart kommt, kann er die Bonner vor eine interessante Alternative stellen: Entweder bleiben nur noch 700 Mitarbeiter in einem entkernten Ministerium in Bonn. Oder es arbeiten auf Dauer mehr als 2500 Bedienstete in nachgeordneten Behörden auf der Hardthöhe. Spätestens hier ergäbe sich eine formidable Begründung für eine Korrektur.

Guttenberg geht mit Charme und Schlauheit zu Werke. Er lässt die Wahrheiten über die Ineffizienz von außen bescheinigen — und gibt dann erst einmal Zeit, damit die Einsichten wachsen können. Erst Anfang 2011 will er die Vorschläge der Kommission "bewerten". Und er überlässt es nicht den Fröschen, den Sumpf trockenzulegen. Dafür hat er den früheren Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba ins Haus geholt, dem er nun einen Stab "tapferer Kriegerinnen und Krieger" (Weise) an die Seite stellt.

Zudem ist der Zeitpunkt so günstig wie nie. Die Bundeswehr ohne Wehrpflicht muss sich sowieso neu aufstellen. Da ist der Druck, auch gleich den Wasserkopf zu beseitigen, größer denn je. Auf den größten Trumpf in diesem Rennen ist ohnehin Verlass: Der Glanz des Ministers in der Öffentlichkeit wird angesichts seines Mutes derart grell scheinen, dass Widersacher nicht anders können, als beide Augen zuzudrücken — besonders, wenn sie erfahren, dass er für sie woanders einen Job finden will.

Spätestens dann hat Guttenberg gezeigt: Er kann alles. Auch Kanzler.

(RP)
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