Freiwilliges Soziales Jahr in Gefahr? Experte warnt vor neuem Zivildienst

Berlin (RPO). Die geplante Aussetzung der Wehrpflicht hat automatisch Folgen auf den Zivildienst. Ein ganz neuer Zivildienst soll nach dem Willen der Familienministerin geschaffen werden. Einer, an dem auch Frauen und ältere Menschen mitwirken können. Einen ähnlichen freiwilligen Dienst gibt es aber schon: Das freiwillige soziale Jahr. Und das könnte nun in Gefahr sein.

Kristina Schröder - die frühere Familienministerin
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Berlin (RPO). Die geplante Aussetzung der Wehrpflicht hat automatisch Folgen auf den Zivildienst. Ein ganz neuer Zivildienst soll nach dem Willen der Familienministerin geschaffen werden. Einer, an dem auch Frauen und ältere Menschen mitwirken können. Einen ähnlichen freiwilligen Dienst gibt es aber schon: Das freiwillige soziale Jahr. Und das könnte nun in Gefahr sein.

Der geplante bundesweite Freiwilligendienst werfe "mehr Fragen auf als er Antworten gibt", sagt der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Wolfgang Stadler. Er frage sich, wieso eine Doppelstruktur installiert werden soll, "indem ein neuer bundesweiter freiwilliger Zivildienst geschaffen wird, statt die bestehenden Strukturen für die Jugendfreiwilligendienste zu nutzen".

Stadler befürchtet, dass diese Dienste durch die angestrebte Doppelstruktur geschwächt werden würden. Es entstehe der Eindruck, dem Bundesamt für Zivildienst würden neue Aufgaben zugewiesen, die bisher von unabhängigen Sozialverbänden wahrgenommen wurden."

Jährlich 30.000 Freiwillige

Stadlers Befürchtungen sind nicht unberechtigt. Denn die Freiwilligendienste, bekannt als freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, sind eine wichtige Stütze auch in der Pflege. Nach Angaben des Bundesarbeitskreises Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvieren jährlich 30.000 Jugendliche im Alter von 16 bis 27 Jahren diese freiwillige Aufgabe auf Zeit.

Und diese dauert in der Regel eben ein Jahr, mindestens aber sechs Monate - also genau die Zeit, die auch für den freiwilligen Zivildienst geplant ist, welcher nach den Plänen aber auf 24 Monate ausgedehnt werden kann. Die Jugendlichen werden dabei als Hilfskräfte in Kinder- und Jugendhilfeinrichtungen, aber eben auch in Krankenhäusern und Fachkliniken sowie in Einrichtungen für behinderte Menschen eingesetzt.

Das Problem, sollte der freiwillige Zivildienst kommen: Wer ein freiwilliges soziales Jahr absolviert, erhält Unterkunft und Verpflegung, hat Anspruch auf Kindergeld und erhält zusätzlich ein Taschengeld. Ein Zivildienstleistender dagegen wird entlohnt - und soll es auch in Zukunft werden.

Wie hoch dieses Gehalt aussehen wird, ist noch unklar. Familienministerin Kristina Schröder erklärte lediglich, möglich seien "so ganz grob 500 Euro". Die Bezahlung könnte sich daran orientieren, was freiwillig Wehrdienstleistende erhalten würden.

Verschiebung der Kräfte

Und so verwundert es nicht, dass Schröder davon ausgeht, jährlich 30.000 Freiwillige für den Dienst zusammenzubekommen. Denn welcher Jugendliche hätte nicht eher den Anreiz, einen Dienst zu absolvieren, bei dem er ein kleines Gehalt bekommt anstatt eines Taschengelds? Und so könnte tatsächlich die Gefahr bestehen, dass sich Jugendliche vom Freiwilligen Sozialen Jahr abwenden und es nur zu einer Verschiebung der Kräfte kommt.

Zumal die Ministerin erklärte, diese Art von Zivildienst könne den Engagierten "die Chance des Einstiegs in ein geregeltes Berufsleben im sozialen Sektor" öffnen. Genau das sieht aber auch das freiwillige soziale Jahr vor. Darin werden die Teilnehmer sogar pädagogisch betreut und erhalten zusätzlich zu ihrer Arbeit Seminare.

Damit wäre das Versorgungsproblem aber bei Weitem nicht gelöst, es würde nur verlagert. Dabei hatten die Träger des FSJ noch im Juni gefordert, den Freiwilligendienst auszubauen unabhängig von der Zukunft des Zivildienstes.

Übrigens können auch Ältere sich jetzt schon freiwillig engagieren. Mit dem Programm "Freiwilligendienste aller Generationen" hat das Familienministerium im Januar 2009 ein Programm gesetzlich verankert, das ein Engagement neben Ausbildung, Beruf und Familie ermöglicht.

Dabei müssen mindestens acht Stunden pro Woche über mindestens sechs Monate geleistet werden. Von Kita über Pflegebegleitung, Umweltschutz und Sport sind auch hier die Betätigungsfelder groß.

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