Peerblog stellt Erscheinen ein Blog weg, Zwielicht bleibt

Düsseldorf · Der umstrittene Peerblog hat ein jähes Ende gefunden. Die Betreiber nahmen die Website vom Netz - angeblich wegen Hacker-Angriffen. Etliche Fragen, die die intransparente Unterstützung des SPD-Kandidaten aufgeworfen hat, bleiben freilich unbeantwortet. Wollten die Hacker Steinbrücks Geldgeber enttarnen?

 Der peerblog hat für Steinbrück in wenigen Tagen mehr in die Bredouille gebracht, als dass er ihm geholfen hätte.

Der peerblog hat für Steinbrück in wenigen Tagen mehr in die Bredouille gebracht, als dass er ihm geholfen hätte.

Foto: Screenshot peerblog.de

Nur wenige Tage nach dem Start hat der Steinbrück-Blog ("peerblog") sein Erscheinen eingestellt. Im Internet hieß es lediglich: "Aufgrund von Wartungsarbeiten ist der Peerblog derzeit nicht verfügbar." Nach Medienberichten hatte es zuvor massive Hackerangriffe auf den Blog gegeben — möglicherweise, um an die Namen der anonymen Geldgeber zu gelangen.

"Die kriminellen Attacken auf das von uns herausgegebene Medium peerblog.de haben zu der Entscheidung geführt, dass wir unsere Sponsoren, Unterstützer und uns selbst nicht länger diesen skrupellosen und inhaltsleeren Anfeindungen aussetzen wollen", hieß es in einer von Steinkühlers Agentur verbreiteten Erklärung.

Die Angriffe aus dem Netz seien mit Erpressungsversuchen verbunden, die Geschäftsbeziehungen offenzulegen, hieß es von Seiten der Betreiber. "Darauf werden wir aus grundsätzlichen Erwägungen selbstverständlich nicht eingehen", hieß es. Es werde die Einleitung strafrechtlicher Schritte geprüft.

Die technische Analyse habe ergeben, dass die Cyber-Angriffe durch Massenanfragen von sogenannten Zombies (infizierte Rechner unbeteiligter Personen) ausgelöst worden seien. "Hinter den Virus- und Trojaner-Attacken steckt die Hacker-Gruppe "T3AM M3DUSA", die auf Twitter ankündigte, den Peerblog auf Dauer anzugreifen."

Initiator des von Anfang an umstrittenen Blogs war der frühere Focus-Redakteur Karl-Heinz Steinkühler, der nach US-Vorbild SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück im Wahlkampf unterstützen wollte. Steinkühler betonte, dass der Blog parteiunabhängig sei und von "herausragenden Unternehmenspersönlichkeiten" unterstützt werde. Angeblich sollen sie eine sechsstellige Summe in Aussicht gestellt haben. Um wen es sich handelt, ist jedoch unklar.

Gerade wegen dieser Anonymität geriet der Blog sofort ins Zwielicht. Es gab Spekulationen, dass es sich um verkappte Parteienfinanzierung handeln könnte. Nach Angaben des Blogs hat Steinbrück seine Zustimmung gegeben, "dass wir seinen Namen für diesen Blog nutzen können". Er selbst kenne die Geldgeber nicht, hatte der SPD-Politiker erklärt, aber gegenüber "Spiegel-Online" hinzugefügt: "Ich kann daran nicht ansatzweise etwas Anrüchiges erkennen." Steinbrück ist vor allem wegen seiner üppigen Nebenverdienste in die Kritik geraten. Allein für die Teilnahme an einer Talkshow der Bochumer Stadtwerke hatte er 25.000 Euro bekommen,

In Düsseldorf wird Steinkühler mit dem Internet-Blog "Wir in NRW" in Verbindung gebracht, der 2010 mit zum politischen Ende von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) beigetragen hat. Die Verfasser dieser Beiträge tarnten sich zumeist mit Tucholski-Decknamen, wie "Theobald Tiger", "Peter Panter" und "Ignaz Wrobel". Die Beiträge des "Wir-in-NRW-Blogs" wurden später als Buch herausgegeben, an dessen Zustandekommen auch die Journalistin Angela Gareis mitgewirkt hat. Sie ist heute Sprecherin von NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD).

Für den Steinbrück-Blog hatte Steinkühler Gastkommentatoren angekündigt, wie den früheren NRW-Energieminister Axel Horstmann. Dessen Partnerin, Familienministerin Ute Schäfer, hatte der Agentur Steinkühlers nach dem Regierungswechsel 2010 Aufträge zur Herstellung von Broschüren ihres Hauses erteilt. Die CDU-Opposition sprach von "Gefälligkeitsaufträgen". Demgegenüber beteuerte die Landesregierung, dass die Agentur das vorteilhafteste Angebot unterbreitet habe.

Die SPD dürfte dem Blog kaum hinterhertrauern. In den wenigen Tagen seiner Existenz hat er den SPD-Kandidaten eher geschadet als genutzt. Dabei war Steinbrück nach der knapp gewonnenen Wahl in Niedersachsen gerade erst aus den Negativ-Schlagzeilen herausgekommen.

Auf Twitter löste der Rückzug des Steinkühler-Blogs indes Spott, aber auch Zweifel an der Begründung aus.

Oh Mann. Wie peinlich. Ihr seid so schlecht. RT @peerblog: Das war's. Der #PeerBlog ist Geschichte. Infos folgen.

Der Journalist Lars Wienand äußerte über Twitter zunächst Zweifel und nahm später Kontakt mit den mutmaßlichen Medusa-Hackern auf, die den Vorwurf zurückwiesen, die Blog-Betreiber erpresst zu haben.

Schuld am #Peerblog-Aus sind also die Hacker. Die kommen ja wie bestellt...

(RP/dpa/pst/rm/csi)
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