Peking China: Weniger Wachstum, mehr Geld für das Militär

Peking · Premier Li Keqiang sieht Gefahren für Chinas Stabilität.

Die Volksrepublik China verliert ihre Rolle als Lokomotive für die Weltkonjunktur, weil der eigenen Wirtschaft der Dampf ausgeht. Ministerpräsident Li Keqiang bestätigte jetzt vor dem Pekinger Volkskongress erstmals, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in eine Ära niedrigen Wachstums eingetreten sei und vor "latenten Gefahren" für ihre Stabilität stehe. Er nannte es Chinas "neue Normalität".

Peking drosselt daher das geplante Wirtschaftswachstum 2015 auf einen Wert "um sieben Prozent". Im Vorjahr hatte Li schon das Planziel auf 7,5 Prozent senken lassen. Chinas Volkswirtschaft blieb nicht nur zum ersten Mal seit Beginn der Reformen unter einer Planvorgabe, sondern erzielte ihr schwächstes Wachstum seit 24 Jahren. Sein Land müsse sich heute mit den gleichen Problemen auseinandersetzen, wie sie auch die übrige Welt plagen. Er warnte die 2907 Abgeordneten, dass es noch schlimmer kommen könnte: "Der Abwärtsdruck, unter dem unsere Wirtschaft steht, verstärkt sich weiter. Tief in unserer Entwicklung versteckte strukturelle Probleme kommen nun zum Vorschein".

Anderen Nationen muss ein Wachstumsziel "um sieben Prozent" fantastisch erscheinen. Für den Premier ist es eine Untergrenze dessen, "was möglich und was nötig ist", um sein Land in stabilen Verhältnissen zu halten. Mit noch weniger Wachstum geraten seine Pläne in Gefahr, 2015 rund zehn Millionen benötigte Arbeitsplätze zu schaffen oder mit den als neuem Rekord erwarteten 7,5 Millionen Schulabsolventen fertig zu werden.

Um 2015 auf sieben Prozent zu kommen, will Li auch die Staatsverschuldung um 270 Milliarden Yuan (39 Milliarden Euro) auf 1,62 Billionen Yuan anheben. Der Staat will in den Ausbau von weiteren 8000 Kilometer Eisenbahnnetz und in Wasserkraftwerke investieren.

Für Li geht es auch darum, dass China "nicht in die Falle des mittleren Einkommens tappt". Damit ist eine stagnierende und zurückfallende Entwicklung gemeint, in die viele Schwellenländer nach einer Phase des raschen Aufschwungs gerieten. Das neue Wachstumsmodell funktioniere zu ineffizient. Li beklagte unzureichende Innovation, Überkapazitäten, Defizite beim Ausbau der Sozialsysteme, große Umweltprobleme, zuviel Bürokratie und "weiter vorhandene schockierende Fälle an Korruption".

Für China müsse die Konzentration auf seine Wirtschaftsentwicklung "von vorrangiger Bedeutung" sein, der sich alles andere unterzuordnen habe. Dem gegenüber stehen die Ausgaben für die Armee: Der neue Militäretat soll um 10,1 Prozent auf rund 127 Milliarden Euro wachsen. Die Staatsmedien betonen, dass die Armee nur Verteidigungszwecken diene.

(RP)
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