Pädophilie-Vorwurf Bericht entlastet Grüne nur zum Teil

Meinung | Köln · Der mit Spannung erwartete Bericht über die früheren Haltungen bei den Grünen zu Pädophilie entlastet die Partei allein noch nicht. Wenn die Grünen nächste Woche in Hamburg zu ihrem Parteitag zusammenkommen, wären einige deutliche Worte zu den früheren Verwirrungen angebracht. Auch die möglichen Verstrickungen einzelner Mitglieder sind von der Partei noch selbst aufzuklären.

 Parteichefin Simone Peter entschuldigte sich im Namen der Grünen für die frühprogrammatischen Forderungen.

Parteichefin Simone Peter entschuldigte sich im Namen der Grünen für die frühprogrammatischen Forderungen.

Foto: dpa, mjh cul lof

Der Bericht offeriert allerdings Erklärungsmuster, mit denen die Grünen heute gut leben können dürften. Er besteht zum großen Teil aus einer gesamtgesellschaftlichen Analyse, man liest über "Pädosexualität im Spiegel der Ideengeschichte" und über die Entstehung und Entwicklung der westdeutschen Pädophilen-Bewegung, die es in den 70er- und 80er-Jahren gab.

Es wird nachvollziehbar, dass sich in einem auf die Spitze getriebenen links-liberalen Zeitgeist in jener Zeit Gruppierungen herausbilden konnten, die öffentlich Straffreiheit bei sexuellen Kontakten mit Kindern forderten.

Im damaligen Diskurs über sexuelle Freiheit und Selbstbestimmung gab es plötzlich Raum - und offenbar auch Verständnis - für solche Forderungen, nicht nur bei den Grünen. Die Partei, die sich Anfang der 80er-Jahre als Sammelbecken verschiedener Öko-, Anti-Atom- und Frauengruppen und sonstiger linker Kreise gründete, wurde allerdings zum politischen Auffangbecken auch für pädophile Gruppen.

Der Bericht erklärt das mit den Gesetzmäßigkeiten, mit denen viele noch junge Parteien zu kämpfen haben, aber auch mit einem grundsätzlichen Verständnis für Minderheiten jeder Art, die damals bei den Grünen vorherrschend gewesen ist, ebenso mit einer Wissenschaftsgläubigkeit und einer grundsätzlichen Ablehnung jeglicher repressiver Maßnahmen durch den Staat, die sie pflegten.

Allerdings verbleibt der Bericht stark im Allgemeinen und sucht die grüne Vergangenheit, wie der Untertitel nahelegt, als Teil einer "bundesdeutschen Geschichte" zu betrachten.

Er könnte deshalb auch dazu einladen, die damaligen Haltungen "mit dem Zeitgeist" zu relativieren und zu verharmlosen. Die Grünen haben genug Fehler und Versäumnisse im Umgang mit dem Thema gemacht, vor allem im vergangenen Wahljahr. Diesen Fehler sollten sie jetzt besser tunlichst vermeiden.

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