Gutachten der Wirtschaftsweisen Miserables Zeugnis für die Koalition

Meinung | Berlin · Die Wirtschafts-Sachverständigen stellen der Bundesregierung ein miserables Zeugnis aus: Die Rente mit 63, die Erhöhung der Mütterrenten und der Mindestlohn seien kontraproduktiv für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, lautet ihre harsche Botschaft. Die Regierung habe damit zu der Verunsicherung der Unternehmen beigetragen.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt (r.), dem Wirtschaftsweisen Peter Bofinger von der Universität Würzburg (l.) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt (r.), dem Wirtschaftsweisen Peter Bofinger von der Universität Würzburg (l.) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

Foto: dpa, rje axs

Insofern trägt Schwarz-Rot aus Sicht der Ökonomen eine Mitschuld an der deutlichen wirtschaftlichen Abkühlung, die Deutschland derzeit erlebt und die sich weit bis ins kommende Jahr fortsetzen wird. Die wirtschaftliche Realität habe die schwarz-rote Koalition damit schneller eingeholt als erwartet, so der Rat der Wirtschaftsweisen.

Sie sehen im aktuellen Konjunktureinbruch aber auch eine Chance: Er könne die Koalition veranlassen, in der Wirtschaftspolitik in die richtige Richtung umzusteuern. Was allerdings konkret und schwerpunktmäßig zu tun wäre, lassen die Ökonomen in ihren Empfehlungen allzu offen oder sie deuten es nur an.

Die Mehrheit der Ökonomen rät der Regierung, nun unbedingt am Haushaltsausgleich, der so genannten "schwarzen Null", festzuhalten. Eine Begründung: Es gebe die von vielen, darunter vor allem auch von SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel beklagte Investitionslücke gar nicht. Deutsche Unternehmen investierten gar nicht zu wenig, allenfalls beim Staat sei eine zu große Investitionszurückhaltung erkennbar.

Um dessen Investitionen in Infrastruktur aufzustocken, seien aber keine großen neuen Programme notwendig. Es gehe vor allem darum, in den Haushalten von Bund, Ländern und Kommunen umzuschichten, konsumtive Ausgaben wie Personal- und Verwaltungsausgaben zu streichen und die Investitionen hochzufahren. Das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angekündigte Investitionsprogramm von zehn Milliarden in den Jahren 2016 bis 2018 begrüßen die Ökonomen: Es habe genau den begrenzten Umfang, den sich der Rat auch vorstellt.

Der Mindestlohn werde hunderttausende Jobs im Niedriglohnsektor kosten, mahnen die Ökonomen. Falls die Negativ-Wirkungen sehr groß seien, empfiehlt er die Senkung der Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde oder sogar ihre komplette Abschaffung. Das allerdings ist eine politische Naivität der Ökonomen: Der Mindestlohn in Deutschland wird nicht mehr aus der Welt zu schaffen sein, denn die große Mehrheit der Bürger wollte ihn und wird ihn auch künftig wollen.

Mit dem Rentenpaket habe die Regierung falsche Prioritäten gesetzt, weil die demografische Entwicklung des Landes eigentlich Weichenstellungen genau in die andere Richtung erfordere, so die Sachverständigen. Nicht die Verkürzung der Lebensarbeitszeit, sondern deren Verlängerung müsse auf der Tagesordnung stehen.

Dass die Rente mit 63 und die Erhöhung der Mütterrente fast doppelt so viel kosten werden als es die Regierung in der Öffentlichkeit bislang erklärt hat, ist eine böse Wahrheit, die die Argumentation der Ökonomen zusätzlich unterstützt.

(mar)
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