Entscheidung gefallen Grüne ernennen Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin

Berlin · Die Grünen haben die K-Frage geklärt: Parteichefin Annalena Baerbock soll die Partei bei der Bundestagswahl im September ins Kanzleramt führen. Erstmals in ihrer über 40-jährigen Geschichte ziehen die Grünen mit dem Anspruch in die Wahl, stärkste Partei im Bund zu werden.

 Annalena Baerbock wird die Grünen als Kanzlerkandidaten in den Wahlkampf führen und bekommt dabei die Unterstützung von Co-Parteichef Robert Habeck.

Annalena Baerbock wird die Grünen als Kanzlerkandidaten in den Wahlkampf führen und bekommt dabei die Unterstützung von Co-Parteichef Robert Habeck.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock soll ihre Partei als Kanzlerkandidatin in die Bundestagswahl führen. Der Bundesvorstand der Grünen nominierte die 40-Jährige für den Spitzenposten, wie die Partei am Montag in Berlin mitteilte. Die Entscheidung muss noch auf einem Parteitag vom 11. bis 13. Juni bestätigt werden. Die Zustimmung gilt als sicher. Die Bundestagswahl findet am 26. September statt.

„Wir haben eine klare Idee einer Kanzlerschaft für Deutschland“, sagte die 40-Jährige bei der Präsentation am Montag. Es gehe darum, „verändern statt zu versprechen“. „Klimaschutz ist die Aufgabe unserer Zeit, die Aufgabe meiner Generation“, sagte Baerbock. Die Politik der neuen Bundesregierung müsse Klimaschutz für alle Bereiche zum Maßstab machen, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen.

Mit der Entscheidung enden monatelange Spekulationen. Die Partei hatte die Klärung der Kandidatenfrage ihren beiden Parteivorsitzenden Baerbock und Robert Habeck (51) überlassen, die sich geräuschlos untereinander verständigten. Die Grünen haben sich angesichts der seit 2018 hohen Umfragewerte erstmals für eine Kanzlerkandidatur entschieden. Derzeit sind sie mit mehr als 20 Prozent zweitstärkste Kraft hinter der CDU/CSU und vor der SPD.

Habeck sagte, er selbst und Baerbock hätten in den vergangenen Wochen vertraute, manchmal auch schwierige Gespräche darüber geführt, wer von beiden die Kandidatur übernehmen solle. „Wir beide wollten es, aber am Ende kann es nur eine machen“, sagte er. Er selbst wolle sich aber gleichfalls in den Wahlkampf werfen. Die Gemeinsamkeit habe die Grünen so erfolgreich gemacht. „In dieser Situation führt der gemeinsame Erfolg dazu, dass einer einen Schritt zurücktreten muss.“ Habeck beschrieb Baerbock als „kämpferische, fokussierte, willensstarke Frau“, die genau wisse, was sie wolle.

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Kostenpflichtiger Inhalt Anders als bei CDU und CSU hat es bei den Grünen weder Streit noch größere öffentliche Diskussionen über die Kandidatenkür geben. Deswegen wird auch auf dem Parteitag im Juni eine große Zustimmung erwartet.

Kostenpflichtiger Inhalt Baerbock ist bei der 20. Bundestagswahl seit 1949 erst die zweite Frau nach Angela Merkel, die sich für das höchste Regierungsamt bewirbt. Die SPD zieht mit Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz in die Wahl am 26. September, die Union muss sich noch zwischen den Vorsitzenden von CDU und CSU entscheiden, Armin Laschet und Markus Söder.

Baerbock wuchs in der Nähe von Hannover auf dem Dorf auf und studierte Politikwissenschaften und Völkerrecht in Deutschland und London. Bei den Grünen hat die Mutter von zwei Töchtern schnell Karriere gemacht: 2009 Vorstand der europäischen Grünen und Landesvorsitzende in Brandenburg; 2013 Einzug in den Bundestag; 2018 Bundesvorsitzende der Grünen gemeinsam mit Habeck.

Die Grünen waren nur einmal auf Bundesebene an der Macht: Zwischen 1998 und 2005 als Juniorpartner in einer rot-grünen Koalition unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder.

Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner hat Kostenpflichtiger Inhalt nun als Wahlziel ausgegeben, dass die Grünen das Kanzleramt erobern. „Wir wollen das Land in die Zukunft führen. Darum kämpfen wir für das historisch beste grüne Ergebnis aller Zeiten und die Führung der nächsten Bundesregierung.“ Ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl erzielten die Grünen 2009 mit 10,7 Prozent, bei der letzten Wahl 2017 kamen sie nur auf 8,9 Prozent. „Es wird nicht immer leicht sein“, sagte Baerbock. Der Wahlkampf werde die Partei gehörig fordern. Die Partei werde sich aber untereinander helfen, die größte Kraft entstehe immer aus gemeinsamem Handeln.

Die Entscheidung für Baerbock wurde von Claudia Roth begrüßt. „Es hat sich noch nie so deutlich wie in diesen Krisenzeiten gezeigt, wie sehr Form und Inhalt in der Politik einen Unterschied machen: Wo die einen offene Schlachten austragen, gibt es bei uns ein geregeltes Verfahren, das die gesamte Partei mitträgt", sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth unserer Redaktion. „Die heutige Entscheidung wurde nicht im Hinterzimmer ausgeklüngelt, sondern sie steht am Ende eines langen Prozesses, bei dem die Vorsitzenden über Jahre Vertrauen gebildet, die Partei integriert und mitgenommen haben", sagte Roth. "Eines war dabei immer klar: Es gibt bei dieser Entscheidung keine Verlierer, sondern eine herausgehobene Kandidatur in einem Spitzenduo, das im Team zusammen mit der Partei für die Bundestagswahl antreten wird. Gerade in einer Zeit, in der bei Union, SPD, FDP und Co. nur Männer eine Rolle spielen, zeigen wir Grüne, dass es starke Frauen gibt, die Politik machen wollen und es auch können", sagte Roth.

(ahar/dpa/Reuters)
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