US-Kandidatendebatte ohne Trump "Der Elefant, der nicht im Raum ist“

Washington · Donald Trump hat eine Kandidatendebatte boykottiert, aber wahrscheinlich hat er auch diesmal gewonnen, weil sich einmal mehr alles nur um ihn drehte.

 Die TV-Diskussion der republikanischen Präsidentschaftsbewerber fand ohne Donald Trump statt.

Die TV-Diskussion der republikanischen Präsidentschaftsbewerber fand ohne Donald Trump statt.

Foto: afp, aw

Hat sich Donald Trump ein Eigentor geschossen mit seinem Boykott? Oder profitiert er von der Kontroverse, so wie er bisher fast immer profitiert hat, wenn heftig gestritten wurde? Es ist die Frage, die das politische Amerika nach der bisher bizarrsten TV-Diskussion der republikanischen Präsidentschaftsbewerber am meisten beschäftigt. Joe Scarborough, einst konservativer Abgeordneter, heute eines der Aushängeschilder des linksliberalen Nachrichtensenders MSNBC, beantwortet sie ohne Umschweife. "Trumps Vabanquespiel hat sich gelohnt, er hat einmal mehr gewonnen, weil er einmal mehr im Mittelpunkt stand."

Da er seinen Willen nicht durchsetzen konnte, hatte der bisweilen ausgesprochen rabiate Unternehmer darauf verzichtet, an der letzten Debatte vor dem Vorwahlauftakt am Montag teilzunehmen. Ausgerechnet an einer Debatte, die Fox News veranstaltete, der Lieblingskanal der Konservativen, was dem Disput eine zusätzlich skurrile Note verlieh. Trump hatte darauf gedrängt, die Moderatorin Megyn Kelly, mit der er seit Monaten eine Art Privatfehde austrägt, durch einen Journalisten zu ersetzen, der weniger kritische Fragen stellen würde. Als er damit Schiffbruch erlitt, beschloss er, dem Streitgespräch fernzubleiben und kurzerhand eine Konkurrenzveranstaltung zu organisieren, demonstrativ nur wenige Kilometer entfernt von der Debattenarena in Des Moines, der Hauptstadt Iowas.

Während der Tycoon also um Spenden für verwundete Kriegsveteranen warb, während er seine improvisierte Gala auf typisch großmäulige Art mit den Oscars verglich, drehte sich auch auf der Fox-Bühne erst einmal alles um ihn. "Der Elefant, der sich nicht in diesem Raum befindet", so charakterisierte ihn Kelly, bevor sie die verbliebenen Kandidaten um Kommentare zum Rückzug des Immobilienkönigs in den Schmollwinkel bat.

Ted Cruz, ein erzkonservativer Senator aus Texas, der sich beim Start in Iowa Siegchancen ausrechnet, einst Trumps Verbündeter, heute sein härtester Rivale, ließ sich die Chance nicht entgehen. "Lassen Sie mich gleich sagen, ich bin ein Verrückter, und jeder andere auf diesem Podium ist dumm, fett und hässlich." "Und Ben", wandte er sich an den Herzspezialisten Ben Carson, "du bist ein furchtbarer Chirurg, und nun, da wir den Donald-Trump-Teil aus dem Weg geräumt haben …"

Dann Jeb Bush, einst gesetzt, dann nach Monaten lustloser Auftritte fast schon abgeschrieben, nun aber auf einmal so selbstsicher ironisch, als hätte ihn die Abwesenheit des Baulöwen von sämtlichen Fesseln befreit. Er vermisse Donald schon sehr, "er war für mich wie ein kleiner Teddybär, wir hatten solch eine liebevolle Beziehung zueinander, und jeder andere schien sich ja im Zeugenschutzprogramm zu befinden, als ich ihm zusetzte". Trump sei zweifellos ein unterhaltsamer Bursche, "die größte Show auf Erden", setzte Marco Rubio, der aufstrebende Senator aus Miami, augenzwinkernd hinzu, um im nächsten Moment zu patriotischem Pathos überzugehen: "Bei dieser Wahl geht es nicht um Trump, sondern um die Zukunft des großartigsten Landes der Erde".

Rubio, bei bisherigen Wortduellen oft zu Hochform aufgelaufen, musste diesmal Federn lassen. Als die Republikaner nach der Niederlage Mitt Romneys beim Präsidentschaftsvotum erkannten, dass sie auf die Hispanics, die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe, zugehen müssen, hatte er noch mit am Entwurf einer Einwanderungsreform gebastelt. An einer Novelle, die rund elf Millionen ohne gültige Papiere im Land lebenden - zumeist lateinamerikanischen - Migranten den Weg in die Legalität ebnen sollte. Nun, da Trump dem Diskurs mit populistischen Sprüchen über Massendeportationen und den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko seinen Stempel aufdrückt, will er nichts mehr davon wissen. Rubio sei "einfach davongerannt", er habe Fahrerflucht begangen, als er gemerkt habe, dass es ihn Punkte koste, rügt ihn Bush, sein früherer Mentor. "Marco, dabei solltest du endlich mal lernen, etwas durchzustehen."

(RP)
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