Lage im Iran eskaliert Polizei greift Demonstranten an

Teheran (RPO). Wasserwerfer, Tränengas, Schlagstöcke: Der Machtkampf im Iran ist am Samstag weiter eskaliert. Polizei und regierungstreue Milizen gingen hart gegen die Anhänger derOpposition vor, die einem Demonstrationsverbot trotzten.Augenzeugen berichteten von heftigen Zusammenstößen in der Nähe desRevolutionsplatzes in Teheran. Rund 3.000 Demonstrantenprotestierten dort gegen das offizielle Ergebnis derPräsidentenwahl und riefen "Tod der Diktatur" und "Tod demDiktator".Am Rande der Proteste wurde ein Selbstmordanschlag am Schrein von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini verübt.

Tage des Aufruhrs im Iran
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Foto: AP

Polizei und regierungstreue Milizen hätten 50 bis 60 Demonstrantenso schwer verletzt, dass sie in das Imam-Chomeini-Krankenhausgebracht werden mussten, sagten Augenzeugen der NachrichtenagenturAP. "Männer und Frauen wurden geschlagen", berichtete ein Demonstrant. "Ich habe Verletzungen am ganzen Körper." Auch Schüsse sollen gefallen sein, mindestens ein Mensch sei durch Kugeln verletzt worden. Mehrere blutende Demonstranten seien von Mitstreiternweggetragen worden. Einige der Protestierenden hätten daraufhinMotorräder der Milizen in Brand gesteckt.

Bereits in den vergangenen Tagen war es wiederholt zu blutigenAuseinandersetzungen gekommen, mindestens sieben Menschen kamen umsLeben. Das Vorgehen der Staatsmacht am Samstag war aber offenbardas bislang härteste.

Hubschrauber kreisten über der Stadt, die Sirenen von Krankenwagenwaren zu hören. Über der Stadt war schwarzer Rauch zu sehen. Aufdem Revolutionsplatz fuhren laut AugenzeugenberichtenFeuerwehrfahrzeuge auf. Polizei und Milizen hätten außerdem dieStraße zwischen Revolutions- und Freiheitsplatz abgeriegelt, umdort einen Massenaufmarsch zu verhindern, hieß es. Auch dieUniversität von Teheran wurde von Bereitschaftspolizei abgeriegelt.Von dort waren Augenzeugen zufolge ebenfalls die Rufe "Tod demDiktator" zu hören.

Das englischsprachige staatliche Fernsehen berichtete von einerExplosion am Imam-Chomeini-Mausoleum, bei der ein Mensch getötetund zwei Personen verletzt worden seien. Der Schrein liegt rund 20Kilometer südlich der Innenstadt. Der Bericht konnte zunächst nichtbestätigt werden. Die Regierung hat die Berichterstattungunabhängiger Medien stark eingeschränkt.

Mussawi mit Verhaftung gedroht

Die iranische Regierung drohte am Samstag Oppositionsführer MirHossein Mussawi mit Verhaftung, sollten Demonstrationenstattfinden. Der Sekretär des Sicherheitsrats, Abbas Mohtadsch,erklärte auf der Webseite des Innenministeriums, Mussawi werde "fürdie Folgen illegaler Versammlungen" verantwortlich gemacht.

Der geistliche Führer des Irans, Ayatollah Ali Chamenei, hatte amFreitag die Opposition aufgefordert, den offiziell erklärtenWahlsieg von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad zu respektieren unddie Proteste zu beenden. Andernfalls werde sie die Verantwortungfür "Blutvergießen und Chaos" tragen müssen. Er wies die Vorwürfedes Wahlbetrugs zurück. Chamenei hat als oberster geistlicherFührer des Irans laut Verfassung eine praktisch uneingeschränkteMacht.

Obama besorgt

Seit der Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses vor einer Wochegehen die Anhänger Mussawis auf die Straße, um für ihren Kandidatenzu demonstrieren. Nach Ansicht von Beobachtern handelt es sich umdie bislang größte Herausforderung für die herrschende Elite seitder Islamischen Revolution von 1979. Auf den Web-Seiten derOpposition war zunächst keine Reaktion auf Chameneis Rede zu lesen.

US-Präsident Barack Obama äußerte sich besorgt über den "Tenor undTonfall" der Äußerungen Chameneis. Der Regierung in Teheran müsseklar sein, dass die Weltöffentlichkeit die derzeitigen Vorgängeaufmerksam beobachte, sagte Obama am Freitag in einemCBS-Interview. Die Art des Umgangs mit "Menschen, die mitfriedlichen Mitteln versuchen, sich Gehör zu verschaffen", werdezeigen, "was der Iran ist und was er nicht ist".

(AFP)
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