Französische Präsidentschaftskandidaten entdecken die virtuelle Welt In "Second Life" auf Stimmenfang

Düsseldorf (RPO). In der Internet-Welt "Second Life" geht es zu wie im wahren Leben: Es wird gelacht, geflirtet, gekauft und gelogen. Auch Politik wird in dem Online-Spiel gemacht - und das nicht nur virtuell: Mehrere französische Präsidentschaftskandidaten gehen in "Second Life" auf Stimmenfang.

Wahlkampf in "Second Life"
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Wahlkampf in "Second Life"

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Foto: Linden Lab

Internetnutzer können sich in der virtuellen Welt des "Second Life" ein Alter Ego schaffen: Sie kreieren eine Figur, deren Aussehen sie selbst bestimmen können. Dieser so genannte Avatar ist dann die Verkörperung des Spielers in der Online-Welt.

Inzwischen gibt es in "Second Life" fast alles, was es im echten Leben auch gibt. Eine eigene Währung ("Linden-Dollar"), virtuelle Filialen großer Unternehmen wie Coca-Cola oder Reebok. Es gibt Konzerte von Bands, die ihre Avatare zur Gitarre und zum Mikrofon greifen lassen. Virtuellen Sex gibt es auch. Ziemlich viel sogar.

Die französischen Präsidentschaftskandidaten (oder ihre Berater) haben erkannt, dass "Second Life" mehr ist als ein Computerspiel. Mehr als fünf Millionen Menschen sind bisher angemeldet, jeden Monat kommen rund 100.000 neue dazu. Darunter sind eben auch viele Franzosen, die bei der Wahl am 22. April ihre Stimme abgeben werden.

Der rechtsextreme Kandidat Jean-Marie Le Pen gehörte zu den ersten, die die Chance witterten, über "Second Life" Wahlkampf zu machen. Auch die Sozialistin Ségolène Royal, der konservative Bewerber Nicolas Sarkozy und Zentrumskandidat Francois Bayrou haben inzwischen Dependancen in der virtuellen Welt eröffnet.

In den Info-Zentren der Parteien können die Avatare an virtuellen Debatten teilnehmen, sich über die Wahlprogramme informieren und sich an Protestkundgebungen beteiligen.

Im Januar ließen "Second Life"-Spieler ihre Avatare gegen die Niederlassung von Le Pens Partei Front National protestieren. Die Alter Egos trugen Protestplakate, auf denen der Rechtspopulist mit Hitler-Schnurrbart dargestellt wurde. Die Demonstration dauerte mehrere Stunden, es kam zu einer virtuellen Schießerei.

Ob sich die Kandidaten selbst hin und wieder in der virtuellen Welt aufhalten, ist unbekannt. Derzeit dürfte es noch effektiver sein, sich hinter ein Rednerpult auf einem Marktplatz irgendwo in Frankreich zu stellen. Noch ist es keine große Gruppe von Wählern, die die Kandidaten über "Second Life" erreichen. Doch es könnten wenige tausend Stimmen sein, die über den Sieg bei der Präsidentschaftswahl entscheiden. Wahlkämpfer haben nichts zu verschenken.

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