Iran erobert Weltraum Der Westen ist irritiert

Teheran/Düsseldorf (RP). Das Mullah-Regime in Teheran hat erstmals einen selbstgebauten Satelliten ins All geschossen. Der Westen fühlt sich dadurch in seinen Ängsten vor einem iranischen Atomprogramm bestätigt.

Fakten zum iranischen Atomprogramm
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Foto: rpo

Iran macht sich zum 30. Jubiläum der Islamischen Revolution von Ajatollah Khomeini ein ganz besonderes Geschenk: Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad meldete am Dienstag in der Hauptstadt Teheran stolz "die offizielle Anwesenheit der Islamischen Republik im All" an.

Wenige Stunden zuvor hatte das Mullah-Regime erstmals einen Satelliten aus heimischer Produktion in den Weltraum geschickt. Der neue Erdtrabant mit Namen "Omid" (Hoffnung) ist ausschließlich von iranischen Wissenschaftlern gebaut worden. Er umkreist nun die Erde 15 Mal in 24 Stunden. Der iranische Raumfahrtexperte Asghar Ebrahimi erläuterte im Staatsfernsehen, der Satellit sei auf einer elliptischen Umlaufbahn in 250 bis 400 Kilometern Höhe.

Omids erste Mission war, eine "Botschaft der Freundschaft und des Friedens" des Staatspräsidenten zu senden. Nun soll der Satellit Messungen vornehmen und die Daten zur Erde funken. Zwar hatte Iran 2005 schon einmal einen Satelliten ins All geschossen, doch damals war das nur mit russischer Hilfe möglich gewesen.

Irans Aufbruch ins All weckt außerhalb der Landesgrenzen Misstrauen. Frankreich zeigte sich besorgt. Der Sprecher des Außenministeriums, Eric Chevallier, sagte gestern in Paris, es sei beunruhigend, dass der Iran Technologien entwickele, die zu ballistischen Zwecken genutzt werden könnten. Das bedeutet: Zusammen mit der ebenfalls im Iran entwickelten neuen Trägerrakete Safir-2 besitzt Iran ein eigenes weitreichendes Trägersystem und die Möglichkeit zur Satellitenleitung von Waffen. Dies würde den Iran in die Lage versetzen, Atomwaffen abzufeuern.

Der Westen und Israel haben die Regierung in Teheran seit Langem im Verdacht, im Geheimen am Bau von Atomwaffen zu arbeiten. Iran hat das stets zurückgewiesen: Sein Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken. Doch auf die für den Bau von Atombomben notwendige hohe Urananreicherung wollen die Mullahs bis heute nicht verzichten. Außenminister Manuschehr Mottaki versichert immer wieder, das Weltraumprogramm diene ausschließlich dem Frieden: "Unsere militärischen Kapazitäten sind auf die Verteidigung ausgerichtet." Da von Seiten des Iran der Verdacht, Atomwaffen bauen zu wollen, nie zweifelsfrei ausgeräumt wurde, hatte der Weltsicherheitsrat das Land mehrfach mit Sanktionen belegt. Heute wollen in Wiesbaden erstmals nach dem Amtsantritt von US-Präsident Obama die fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland über das iranische Atomprogramm beraten.

Auch wenn Obama in der amerikanischen Iran-Politik eine Wende einleiten will und mehr offene Kontakte und direkte Gespräche anstrebt, bleibt er hart in der Ablehnung einer drohenden Atombewaffnung. Er werde dem Iran nicht erlauben, nukleare Waffen zu bekommen, sagte Obama. Sein Iran-Beauftragter Dennis Ross meinte, Irans Nuklearpläne seien die größte außenpolitische Herausforderung für Obama.

Irans Raketenprogramm hatte im vergangenen Jahr einen neuen Schub erfahren. Im Frühjahr war in der nördlichen Provinz Semnan in einem Wüstengebiet ein Raumfahrtzentrum eröffnet worden. Bis 2015 sollen dort Telekommunikations- und Forschungssatelliten gebaut werden. 2021 soll der erste iranische Astronaut ins All geschossen werden. Doch dieser ehrgeizige Griff nach den Sternen kostet viel Geld, das der iranische "Gottesstaat" nicht hat.

Armut und soziale Spannungen nehmen dramatisch zu. Immer mehr Intellektuelle und gut ausgebildete Iraner wandern aus, weil sie kaum noch eine Perspektive sehen. Fast zwei Drittel der Iraner sind unter 35 Jahre alt. Jeder Vierte der 70 Millionen Einwohner ist ohne Arbeit. Die Inflation galoppiert und liegt bei rund 30 Prozent. Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft haben rapide abgenommen. Lag der Preis für ein Barrel (159 Liter) Öl im Sommer noch bei rund 150 Dollar, ist er nun auf unter 50 Dollar gefallen.

Das alles bringt Ahmadinedschad unter Druck. Am 12. Juni soll ein neuer Präsident gewählt werden. Ahmadinedschad, der sich vor fünf Jahren als Anwalt der kleinen Leute gerierte, die wachsende Armut stoppen wollte und nun wiedergewählt werden möchte, ist gescheitert. Da setzt er auf ein ehrgeiziges Weltraumprogramm, das die Iraner ein wenig stolzer, aber nicht satter macht.

(RP)
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