50 Jahre Mondlandung "Ein kleiner Schritt für einen Menschen"

Am Abend des 20. Juli 1969 ist die Raumfähre "Eagle" nur noch 15.000 Meter von der Mondoberfläche entfernt, das Landemanöver steht kurz bevor. Was dann geschieht, haben 600 Millionen Menschen weltweit vor den Fernsehern verfolgt. Wir protokollieren die Stunden, die Geschichte schrieben.

Die erste Mondlandung 1969
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Die erste Mondlandung 1969

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Foto: NASA

Die Spannung steigt mit jeder Sekunde. Weltweit sitzen Menschen gebannt vor dem Fernseher oder Radio. Gleich soll etwas geschehen, das vor zehn Jahren noch undenkbar schien. Die ersten Menschen werden auf dem Mond landen.

Raumfähre "Eagle", 20. Juli 1969, 21.07 Uhr (Mitteleuropäische Zeit) Es ist nicht mehr weit bis zum Mond. Neil Armstrong und Edwin „Buzz" Aldrin sind mit Gurten fest am Boden der "Eagle" verankert. Sie tragen ihre Weltraumanzüge, schauen sich immer wieder an. Nur noch 15.000 Meter bis zum Mond, alles läuft nach Plan. Die Treibstofftanks der "Eagle" stehen unter Druck, der Computer ist bereit, die Flugbahn überprüft.

Die Astronauten schalten die Kamera an und machen das Triebwerk für die Landung klar. Aldrin drückt die Zündung, startet das Raketentriebwerk. Ab diesem Moment läuft nur noch sehr wenig nach Plan. Dem Computer ist ein Fehler entgangen: Orientierungspunkte erscheinen zu früh auf dem Display. Wenn Aldrin und Armstrong nicht eingreifen, schießen sie über den anvisierten Landepunkt hinaus.

Armstrong dreht das Raumfahrzeug um, in 14.000 Metern Höhe über dem Mond. Er stellt den Computer so ein, dass dieser die Radar-Informationen übernimmt — und hört ein lautes Schnarren, das die Kabine erfüllt. „Programmalarm", sagt Armstrong. Er ist irritiert, kurz abgelenkt. Und hat keine Ahnung, wo er die „Eagle" landen soll: An der ursprünglich geplanten Stelle liegt zu viel Geröll.

Armstrong muss improvisieren. Und schaltet den Autopiloten aus. Im Nasa-Kontrollzentrum in Houston, Texas, wächst die Unruhe. Die Astronauten haben die Planung über den Haufen geworfen, Armstrong und Aldrin sind auf sich gestellt. „Ich denke, wir sind jetzt besser still", sagt Capcom Charlie Duke zu Flugdirektor Gene Krantz. Er weiß wie die Astronauten, dass es nur noch Treibstoff für 90 Sekunden gibt —­ 20 davon müssen für einen Abbruch reserviert bleiben. „Erinnere ihn daran, dass es auf dem Mond keine verdammten Tankstellen gibt", sagt Krantz zu seinem Assistenten.

Raumfähre "Eagle", 21.10 Uhr Armstrong sieht eine mögliche Landefläche, auf einer Seite von Kratern, auf der anderen Seite von Felsbrocken gesäumt. Die „Eagle" wirbelt Staub und Gestein auf, Armstrong sieht nichts. Und fliegt fast blind. Die Raumfähre hängt sechs Meter über der Mondoberfläche. An dem Punkt, an dem man nicht mehr zurück kann und abstürzt, wenn das Landemanöver misslingt. Es misslingt nicht.

Nasa-Kontrollzentrum, gleiche Zeit Von Staub und Gestein weiß im Kontrollzentrum niemand etwas. Sie wissen nur, dass Armstrong die „Eagle" schon aufgesetzt hätte, wenn alles glatt gelaufen wäre. „60 Sekunden", warnt Duke den Piloten. Wenig später „30 Sekunden".

Raumfähre "Eagle", 21.17 Uhr Ganz sanft setzt die Raumfahrtkapsel auf dem Mond auf. Die Männer gehen ihre Checkliste durch, drücken Knöpfe, betätigen Hebel, feiern für einen Moment, was sie geschafft haben. Stille. Dann: „Houston, hier ist Tranquillity Base ... die Eagle ist gelandet."

Aldrin und Armstrong bereiten das Raumfahrzeug vor für den Fall, dass es Schwierigkeiten gibt und sie schnell abheben müssen. Dann haben sie Order, zu schlafen ­— Armstrong schafft es nicht. Er denkt darüber nach, was er sagt, wenn er auf den Mond tritt. Armstrong ist kein großer Redner. Schweiger nennen sie ihn, sagen, „Ja" oder „Nein" seien bereits Unterhaltungen mit ihm. Er hatte viele Vorschläge bekommen. ­ Shakespeare war dabei, die Bibel. Armstrong hat alles verworfen. Und beschließt, spontan zu entscheiden.

Raumfähre "Eagle", 21. Juli 1969, 3.40 Uhr Die Tür klemmt. Aldrin und Armstrong sind vorsichtig: Die Außenhaut der Eagle ist sehr empfindlich. Armstrong biegt sie an einer Ecke zurück, sodass eine Luke entsteht. Aldrin hält diese auf, Armstrong geht auf die Knie, kriecht hindurch ­ und steht dann auf dem Vorbau der „Eagle". Um ihn das All, unter ihm das Neuland Mond, über ihm die Erde. Langsam steigt Armstrong die Stufen herunter. „Ich bin am Fuß der Leiter", sagt er. Mit dem linken Fuß tastet er nach der Mondoberfläche, merkt, dass er nicht einsinkt. Hunderte Male hatte Armstrong das auf der Erde trainiert.

Nasa-Kontrollzentrum, gleiche Zeit „Wir haben hier Bilder auf dem Bildschirm", ruft jemand in Houston. Zunächst stehen sie noch auf dem Kopf, dann springen die Bilder um. Und 600 Millionen Menschen auf der ganzen Welt wissen, wie es auf dem Mond aussieht. 49 Länder, darunter alle europäischen Staaten, hätten Bilder vom Mond empfangen, erklärt die Europäische Rundfunkunion. Die Chinesen bekamen nichts zu sehen.

Raumfähre "Eagle", 3.56 Uhr „Ich bin gerade dabei, von der Landefähre einen Schritt weg zu tun. Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein gigantischer Sprung für die Menschheit", sagt Neil Armstrong, der erste Mann auf dem Mond. Er hat die richtigen Worte gefunden, ohne Shakespeare oder die Bibel zu zitieren. Um 4.16 Uhr folgt Aldrin seinem Kollegen aus der Fähre und auf den Mond. „Ich habe mich gerade versichert, dass ich abgeschlossen habe, als ich herauskam", sagt Aldrin zu Armstrong. Als wäre es seine Haustür.

Weißes Haus, Washington D.C, gleiche Zeit Präsident Richard Nixon ruft die Männer an, die gerade den Mond betreten haben. „Hallo, Neil und Buzz, ich rufe Sie aus dem Oval Office im Weißen Haus an. Das ist bestimmt das historisch bedeutendste Telefonat, das je aus dem Weißen Haus geführt wurde", sagt der Präsident. Er hätte auch eine andere Rede gehabt. Für den Fall, dass etwas schief gegangen wäre.

Zwei Minuten dauert das Gespräch. Aldrin weiß nicht, was er sagen soll, Armstrong übernimmt. „Vielen Dank, Mister President. Es ist eine große Ehre und Auszeichnung für uns, hier zu sein. Wir stehen hier nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern für die friedliebenden Männer aller Nationen. Männer mit Zukunftsvisionen." Nach dem Telefonat soll Nixon gesagt haben, er hoffe, ihm würden nicht die üblichen Ferngesprächsgebühren berechnet.

Raumfähre "Eagle, 5.23 Uhr Aldrin und Armstrong enthüllen eine Plakette, die dokumentiert, dass es die Amerikaner waren, die zuerst Menschen auf den Mond brachten. Armstrong: „Für diejenigen, die diese Plakette noch nicht gelesen haben, werden wir sie verlesen. Sie zeigt beide Halbkugeln der Erde. Darunter steht ,Hier setzten Menschen vom Planeten Erde zum ersten Mal ihren Fuß auf den Mond. Wir kamen in Frieden für die gesamte Menschheit."

Sie rammen eine US-Flagge in die Mondoberfläche, wenige Meter neben der „Eagle" ­ und salutieren. Um 6.10 Uhr kehren die Astronauten zurück in die Mondfähre. Zwei Stunden und 31 Minuten haben sie draußen verbracht, auf der Oberfläche des Mondes. Um 17.32 Uhr machen sich Neil Armstrong und Buzz Aldrin für ihren Aufbruch vom Mond bereit, legen Helme und Handschuhe an.

Aldrin merkt, dass der Hebel eines Schalters abgebrochen und ein weiterer nicht dort ist, wo er sein soll. Er benutzt einen Filzstift, um den Hebel doch noch umlegen zu können. Zwei Minuten vor der Zündung wartet Mike Collins, der dritte Mann der Apollo 11, in der Columbia auf den Start seiner Kollegen. Er hört, wie Armstrong den Ablauf mit Aldrin bespricht. „In fünf Sekunden werde ich ,Abort Stage' und ,Engine Arm' drücken, und du drückst dann ,Proceed'", sagt Armstrong. „Klar", antwortet Aldrin.

Raumfähre Eagle, 19.51 Uhr Das Apollo-Mutterschiff nähert sich der Fähre, kurz darauf startet der Bordrechner das Triebwerk der Aufstiegsstufe. „Houston, der Adler ist wieder im Orbit", sagt Armstrong. „Roger", antwortet die Kommandozentrale. „Die ganze Welt ist stolz auf Euch."

(RP)
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